Krautrocker wider Willen


Obgleich die Amerikaner von Hovercraft erst spät von deutschen Bands hörten, gelten sie als US-Antwort auf Can & Co.

Merkwürdige Sache mit diesem Krautrock-Revival: Musizierende Teens und Zeitgenossen Anfang 20 finden es plötzlich wieder hip, endlose Sound-Schleifen von zehn, 15 und noch mehr Minuten zu fabrizieren – entrückte, blubbernde Loops ohne Anfang und Ende, musikalische Reisen, die den Hörer ins Niemandsland zwischen Himmel und Hölle katapultieren. Can, Faust, Amon Düül und Kraftwerk sind alte aber magische Namen, die von jungen aber experimentierfreudigen Menschen mit schwärmerischem Blick wie Mantras geflüstert werden. „Ich habe von diesen Bands erst vor kurzem gehört“, erzählt hingegen Ryan Campbell ein wenig verdrossen, „weil uns eine Menge Kritiker immer wieder mit ihnen vergleichen. Ich kann dazu nur sagen: Wir wohnen in Seattle, und dort ist es verdammt schwer, an Platten von deutschen Krautrock-Bands ranzukommen. Doch ich habe mir jetzt ein paar Can-Scheiben geholt und muß sagen – starker Stoff) Und im Februar hatte unsere Band gar die Ehre, im Vorprogramm von Holger Czukay ein paar Songs zum besten zu geben. Inzwischen – nach dieser Erfahrung – glaube ich schon, daß es einige Verbindungen zwischen uns und den Kraut-Rockern gibt. Aber diese Bands sind garantiert nicht unser Ursprung.“ Ryan Campbell ist der Gitarrist des Trios Hovercraft. Dessen Debütalbum „Akathisia“ wird als die US-Antwort auf das Krautrock-Revival in Europa angesehen. Kein Wunder, denn das 6ominütige Werk sprengt sämtlichen US-Mainstream Schemata. „Akathisia ist ein reines Instrumentalwerk, vollgepackt mit Noise-Loops,Wah-Wah-Verzerrungen, mit konturlosem Krach einerseits, mit Melodien von geradezu majestätischer Schönheit andererseits. „Wir sind einfach in unser kleines Studio gegangen, haben die Instrumente eingestöpselt und wild herumimprovisiert“, erzählt Campbell, „alles war erlaubt. Danach haben wir die besten Parts zusammengeschnitten und auf die Platte gepackt. So einfach ist das manchmal.“ Sätze, die Amon Düül-Mastermind Chris Karrer seit 30 Jahren in jedem Interview fallen läßt. „Dafür“, knurrt Ryan,“kann ich aber nun wirklich nichts. Ich denke, die geschilderte Herangehensweise ist der Grundstock jeder experimentellen Musik.“

Den Bass bei Hovercratt zupft übrigens Beth Liebling, die Angetraute von Pearl Jammer Eddie Vedder, der angeblich einer der größten Fans von Hovercraft ist. „Das beweist doch nur“, grinst Campbell nicht ganz unzufrieden,“daß Eddie Vedder wirklich Geschmack hat.“