Matthias Reim


Ausgerechnet der Schlagerffuzzy mit seiner Verdammt-ich-lieb-dich-Masche maßt sich an, über "seriöse" Kollegen aus dem In- und Ausland zu richten? Doch keine Sorge, Matthias Reim, der große Fan von Fischer Z aus Hamburg, ist Profi genug, um sich sein eigenes Urteil über musikalische Masse oder Klasse zu bilden. Und deshalb wartet er auch mit ziemlich enthusiastischen, bisweilen aber auch recht harschen Expertisen auf.

BAP: „Vis A Vis“

„Die Rocker aus Köln, keine Frage. Vom Sound und Groove her ist das eine tolle Produktion, die beste, die sie wahrscheinlich je gemacht haben. Nur Wolfgang Niedeckens Gesang irritiert mich — der macht mich immer richtig traurig. Vor allem wenn ich die Melodiebögen so verfolge, habe ich oft den Eindruck, er liebt den Weltschmerz und pflegt dieses Gefühl, ,wir dürfen einfach nicht gut drauf sein“. Das geziemt sich nicht.“

Queen: „Innuendo“

„Erste Sahne. Da können sich die Kritiker auf den Kopf stellen, aber ich bleibe dabei: Die Jungs von Queen sind hier dermaßen geil — hier ist alles so, wie es sein sollte. Der Song erinnert mich sofort an ihre kreativen Höhenflüge mit A DAY AT THE RACES oder A NIGHT AT THE OPERA, wo mir vor lauter Ergriffenheit sämtliche Haare zu Berge standen. Alleine in den Chorsätzen steckt mehr Kraft und Phantasie als in den dicksten Arrangements der meisten kontinentaleuropäischen Rock-Bands.“

Udo Lindenberg: „Ich will dich haben“

„Ich hebe ihn. Ja, ich liebe Lindi — nicht weil wir zufällig bei der gleichen Plattenfirma unter Vertrag sind, sondern weil er immer noch ein einzigartiger Typ, wenn nicht gar eine Legende, ist. Allerdings gefallen mir seine Balladen weit besser als der typische Teutonen-Rock, der diesen Song prägt.“

Gala: „Ich geh'“

„Die Idee hinter diesem Song ist recht witzig. Das gesprochene Intro riecht verdammt nach Falcos Jeanie‘ und mit dem Refrain geht’s weiter auf den Spuren von Purple Schulz. Wenn ich aber eine Zeile höre wie: .Wieviel Flüsse muß ich für dich noch überqueren‘, dann kriege ich ’ne Krise. Dieses Scheißbild klingt nach DDR, nach Karat und ihren sieben Brücken. Danke vielmals.“

Original Buam: „Herzilein“

„Guter Gag, echt unterhaltsam, ohne künstlerischen Anspruch, genau das Richtige, um sich während einer längeren Autofahrt damit vollzudröhnen.“

Michael Oldfield: „Heaven’s Open“

„Muß ich öfter hören, um mir einen Reim darauf machen zu können. Auf jeden Fall fetzen die satten Gitarren und der Brachial-Gesang ganz gehörig. Interessant.“

Nadja Petrick: „Borderline“

(verzieht angewidert das Gesicht) „Vergiß es, langweilig, absolut nicht meine Schiene. Ich weiß nicht, was sie mit ihrer Stimme veranstaltet haben — die klingt, als habe man sie durch den Fleischwolf der Technik gedreht. Bei diesem monotonen Geplärre kommt mir das große Gähnen.“

Sting: „All Thls Time“

„Den kannst du mir auf den Bauch binden. Ich kriege Pickel bei seiner Musik. Da ist aber auch gar nichts dabei, was mich anspricht. Das rhythmisch total überkandidelte, überintellektuelle .back to mother nature‘-Gehabe mag ja junge Mediziner und Rechtsanwälte begeistern — ich dagegen krieg* dabei das nackte Kotzen.“

Dr. Alban: „No Coke“

„HipHop-Reggae oder künstlich erzeugte Monotonie — mehr fällt mir dazu nicht ein. Das ist rhythmische Langeweile mit technotronischem Gesang. Ätzend!“

The Real Milli Vanilli: „Hard As Hell“

„Der gleiche Trend, dieselbe Scheiße. Daß man das überhaupt auf Platte preßt, zeugt von nicht geringem Mut. Noch ein Fall füni Mülleimer. Weg damit!“

Scorpions: „Wind Of Chanoe“

„Wer sagt’s denn? Tierisch, das macht den Scorpions keiner nach. Trotz ihrer mitunter langweiligen Hardrock-Nummern sind sie in den Balladen einsame Spitze. So auch hier, wenn Sänger Klaus Meine gleich zu Beginn mit seinem Pfeifen Gänsehaut-Feeling erzeugt. Das ist unheimlich schön gemacht. Die Band wird auch in zehn Jahren noch ganz, ganz oben stehen, dafür lege ich meine Hand ins Feuer.“