Mehr Hurricane als „Loverman“: Shabba Ranks


HAMBURG. Gewalt lag in der Luft, als Dancehall-Superstar Shabba Ranks nach einem höchst belanglosen Auftritt der ergrauten HipHop-Legende Afrika Bambaataa die Bühne der „Großen Freiheit“ betrat. Schuld daran war allerdings weniger das am Eingang akribisch nach Waffen durchsuchte Publikum, als vielmehr Ranks und sein Troß selbst: Bullige Leibwächter bezogen furchterregend Stellung, als der selbsternannte „Mr. Loverman“ kurz vor halb elf seinen Set eröffnete.

Hatte das vorangegangene „Studio One“-Medley der Backing Band noch für ausgelassene Stimmung gesorgt, so standen nun plötzlich die Zeichen auf Sturm. Wild tanzende Fans wurden vom bitterböse dreinschauenden Ranks harsch zurechtgewiesen — und als sich gar ein lebensmüder Zuschauer auf die Bühne wagte, traten die Bodyguards umgehend in Aktion. Brutal warfen sie den Schuldigen auf den Hallenboden, um wenig später, bei einer an sich harmlosen Rangelei, gleich die Fäuste fliegen zu lassen.

Daß es trotz allem nicht zum Eklat und Konzertabbruch kam, war dem kollektiven kühlen Kopf des Publikums zu verdanken. Statt sich von der Schlägertruppe provozieren zu lassen, feierte man unbeeindruckt die scheinbar endlose Hit-Revue des furiosen Jamaikaners.

Dabei sorgten nicht nur die Songs des aktuellen Albums „X-tra Naked“ oder der Single-Smash „Mr. Loverman“ für euphorische Stimmung; besonders die mit kompetenter GastVokalistin absolvierten „Combination Style“-Nummern wie beispielsweise „Telephone Love“, „Don’t Test Me“ und natürlich auch „Twice My Age“ ließen selbst ansonsten kühle Hanseaten zu hemmungslosen Dancehall-Enthusiasten mutieren.

Für weitere, allerdings nur optische Reize sorgten drei äußerst knapp bekleidete Tänzerinnen. Von den relativ engen Grenzen konventioneller Choreographie völlig unbelastet, spreizten sie — immer ein wenig asynchron — die Schenkel, ließen die voluminösen Becken kreisen und verbogen ihre ranken Körper zu ebenso eindeutigen wie kuriosen Stellungen.

Hinter derart drastischen Bekundungen wollte auch Shabba Ranks nicht zurückstehen: Lautstark verwahrte er sich gegen jedweden Sexismus-Vorwurf und fuchtelte zum Beweis seiner Frauenfreundlichkeit wild mit einer Kondompackung herum. Die Augen weit aufgerissen, predigte er minutenlang so eindringlich „Safer Sex“, als hinge sein weiteres Leben davon ab, Zurück blieb nach 100 — zugabelosen — Konzertminuten das Gefühl, weniger Teilnehmer als vielmehr amüsiert-irritierter Beobachter eines exotischen Naturereignisses gewesen zu sein. Ob kulturell bedingte Mentalitätsunterschiede oder schlicht und einfach Shabbas persönlicher Größenwahn dafür verantwortlich waren, blieb jedenfalls letztlich ungeklärt.