Mickey Jupp, Spirit, Mitch Ryder


Der Wettergott hatte anscheinend die Schirmherrschaft für die Eröffnung der diesjährigen Open-Air-Saison im Hamburger Stadtpark übernommen. Ein strahlender, sonniger Mai-Tag, der 4000 Fans aus allen Ecken Hamburgs und Umgebung angelockt hatte. Ein Wetterchen, das schon mal für ein absolutes Stimmungs-Hoch sorgte. Die drei Bands von Uwe Tessnows Line Records taten das ihre dazu; die einen mehr, die anderen etwas spärlicher.

Punkt 15 Uhr stapften der englische Southend-Veteran Mickey Jupp plus Mitspieler auf die Bühne. War der seit „78 wieder aus dem Untergrund aufgetauchte Mickey Jupp bislang in seinen Club-Konzerten (und auf der Platte) ein Garant für fetzenden, knackigen Rock, so ging’s im Freien nicht sooo gut los. Vielleicht war’s das grelle Tageslicht oder der Mangel an verräucherter, stickiger, schwitzender Clubatmosphäre? Jedenfalls muckten hier ein paar Leute mit angezogener Handbremse. Für eine erfahrene Rock-Band zu laidback. Da brodelte nichts, da ging leider wenig ab (In Berlin soll Jupp der helle Wahnsinn gewesen sein!). Als Anheizer muß man schon mehr Dampf machen. Klar, daß die Fans dieses nur mit dezentem, höflichen Applaus honorierten. Man harrte der kommenden Dinge.

Die sollten angenehm überraschen. Spirit, die Kult-Band Ende der 60er Jahre, zuletzt 79 auf den Brettern der Essener Gruga-Halle in der Rocknacht zu sehen, brachten Stimmung in das idyllische Rund der Stadtpark-Bühne. Anscheinend waren sämtliche Freaks, jahrelang in der ländlichen Umgebung Hamburgs verschollen, zu diesem Ereignis aufgebrochen. Immer wieder gab’s stürmischen Beifall für Kaptain Kopter alias Randy California (g) und Commander Ed Cassidy (dr) plus Mannschaft (Baß und Keyboard). Jedes Stück wurde bei den ersten Anklängen bejubelt. Man kannte alles: .1984″, „Like A Rolling Stone“, „Nature’s Way“ und und und. Dazu einiges von der neuen LP POTATOLAND, doch nur vereinzelt in das Standard-Repertoire eingestreut. Die „ollenKamellen“ waren die Zugpferde, erheischten reichlich Beifall. Und Randy California erwies sich einmal mehr als würdiger Hendrix-Jünger. Nur brachte der mit diversen Zugaben belohnte Set nicht viel Neues von Spirit. Doch das ist auch nicht der Maßstab. Spirit waren, sind und werden wohl immer so sein, wie sie hier auftraten. Ein Anachronismus? Nein, aber eine alte Band, die heute noch gute Laune verbreiten kann. Warum nicht?

Von daher war die Stimmung für Mitch Ryder eigentlich recht gut. Immerhin spielte er zum x-ten Mal in seiner Hochburg. Es ging gleich gut los. Hits wie „War“ oder „It Ain’t Easy“ und „Liberty“, nahtlos ineinander geflochten, stimmten auf ein Finish ein, das zum krönenden Feuerwerk hätte werden können. Die Band legte sich – wie bekannt – tierisch ins Zeug, war sichtlich spielgeil und schuftete hart auf einen versprechenden Höhepunkt hin. Allein die Percussion-Schwerstarbeit von Schlagzeuger Wilson Owens war eine Ohren- und Augenweide. Nur der Boss selbst, Mr. Willard Levise, war nicht besonders gut drauf. Er wirkte nervös, abwesend, nicht voll konzentriert Ohne ersichtlichen Grund für die 4000 Fans verließ er nach 6 Songs die Bühne. Ein Konzert-Abbruch? Cola- und Bierbüchsen hagelten auf die Bühne. Ein legitimer Ausdruck von Unverständnis, Unwissen und natürlich Enttäuschung?! Nach kurzer Unterbrechung kehrte Ryder zurück und beendete seinen Auftritt mit drei weiteren Nummern. Etwas über ein Stunde hatte er damit gespielt.

Doch das war nicht mehr wichtig. Dicke Wolken von Unzufriedenheit lagen über der abendlichen Stadtpark-Szene. Verdrossen zog man von dannen. Ein sonniger Mai-Tag neigte sich leider mit Schatten seinem Ende.