Mit The Jerico in die Londoner Rock- Geschichte


Der Buckingham Palace ist passe, stattdessen stehen Stationen wie Portobello oder Abbey Road auf dem Programm. Ein findiger Jungunternehmer bringt auf seiner "Rock Tour of London" die musikalischen Sehenswürdigkeiten an den Mann. Zusammen mit Englands Jung-Stars Then Jerico machte ME/Sounds eine Probefahrt.

Nach der fünften Kneipe rückt Sänger Mark Shaw endgültig mit seiner Abneigung gegen Geschichts-Reisen wie unsere „Rock Tour Of London“ heraus: „London ist ein totes Museum – hier ist kein guter Boden für neue Entwicklungen. Seit die Briten ihr Empire verloren haben, sind wir doch nur ein weiterer Scheiß-Ableger von Amerika.“

Carnaby Street, das legendäre Rock-Hotel Portobello, der „Beatles-Zebrastreifen“ – je länger die musikalische Stadtrundfahrt dauert, umso gelangweilter gähnen die fünf Then Jerico-Jungs. „Ich gehe gerne in London essen, aber diese abgewrackten mythischen Plätze, zu denen ihr uns schleppt – was sollen wir da“, beschwert sich Gitarrist Scott Taylor und verschwindet mit Drummer Steve Wren im nächsten Pub.

Noch nicht einmal die Boutiquen der Carnaby Street reißen den modebewußten Schön-Mann Shaw aus der Lethargie: „Ich mag nur Flohmärkte, die auch am Sonntag geöffnet sind. Außerdem bleibt ein Mann von heute tagsüber im Bett und schickt seinen Sekretär zum Klamottenkaufen.“

So gut ging es Shaw nicht immer – vor Jahren bezog er, von der Kleinstadt Croydon ins bunte London übersiedelt, regelmäßig Prügel von Punks, die mit seinem Bowie-Outfit weniger anfangen konnten als seine erste Freundin, die er prompt schwängerte und fortan eine Kleinfamilie als Kellner im Embassy Club ernähren mußte.

Inzwischen zu mehr als nur einem Teen-Idol avanciert, zeigen Shaw und seine Musiker wenigstens bei unserer letzten rockgeschichtlichen Station Regung – die EMI-Studios (zentrale Sound-Küche der Beatles) an der Abbey Road. Das kennen Then Jerico, schließlich war es eines der 19 Studios, in denen ihr aktuelles Hit-Album BIG AREA entstand. Shaw gibt sich selbst hier unterkühlt: „Das ist ein guter Ort, um Gitarren aufzunehmen. Zum Glück waren wir aber auch in anderen Studios zu Gange. Schließlich ist es ein absoluter Kreativitäts-Killer, wenn du die ganze Zeit über an einem Platz rumhängst, auch wenn hier irgendwann einmal relativ bekannte Bands aufgenommen haben.“

Höchste Zeit, unsere Rock-Zeitreise im – nunmehr siebten – Pub ausklingen zu lassen. Mark Shaw zieht Tour-Bilanz: „Das ist genauso wie England: Sie nennen es Groß-Britannien, aber was soll daran groß-artig sein? (ss)