Musikfotograf Gerrit Starczewski wird für Festival-Nacktbilder verklagt


Seit 2010 organisiert Gerrit Starczewski aus Voerde am Niederrhein seine Festivalfotokunstaktion „Naked Heart“. Eine ehemalige Teilnehmerin war damals noch nicht volljährig und verklagt den Fotograf nun auf Schmerzensgeld und Schadensersatz.

Gerrit Starczewski fotografiert nicht nur gerne Stars wie Lana Del Rey und Beth Ditto. Der 30-jährige Fotograf ist – unter anderem für den Musikexpress – auch immer wieder auf Festivals unterwegs und lichtet dort neben Bands und Bühnenbildern am liebsten nackte Festivalbesucher ab. Unter dem Namen „nakedHEART“ organisiert Starczewski seit 2010 zum Beispiel auf dem Melt! Festival und dem Frequency Festival Fotoaktionen, bei denen sich gewillte Teilnehmer ausziehen und ein menschliches Herz formen, über 1200 Leute haben bisher mitgemacht. So weit, so hippiesk, so harmlos – schließlich sind alle Teilnehmer erwachsene Menschen und wissen, was sie dort tun oder lassen. Fast alle, muss man jetzt sagen.

Starczewski wurde nun von einer jungen Frau verklagt, die bei seiner zweiten „nakedHEART“-Aktion mitmachte – beim Appletree Garden Festival 2011. Das Problem: Damals war sie erst 17, was Starczewski nicht wusste. Gegenüber „Der Westen“ berichtet er, dass das Mädchen sofort begeistert von der Idee gewesen sei. Sie habe mit ihm Flyer verteilt, an der Aktion teilgenommen und die Nacktformation sogar angeführt. Dass Starczewski die Aufnahmen für sein Portfolio und seine Ausstellungen nutzen wolle, sei jedem klar gewesen. Und mutmaßlich auch der Klägerin. Ihre Eltern erfuhren erst nachträglich von dem Shooting, ihre Missbilligung drückten sie Wochen später in einem Brief an Starczewski aus.

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Das Schreiben vom Anwalt erreichte Starczewski erst 2014, nachdem ein Bild des Mädchens im Katalog zu seiner Amsterdamer Ausstellung „Everything Rock’n’Roll“ landete. Die Forderung: mehrere Tausend Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld. „Eine linke Nummer“, sagt der angeklagte Fotograf gegenüber Musikexpress.de heute: „Sie war quasi im Helferteam. Ich habe ja sonst immer Verträge. Aber da sie das damals mitorganisierte, gab es in ihrem Fall keinen.“

Der Fall wird am 6. März 2017 vorm Duisburger Landgericht verhandelt. Das Ende seiner Aktion soll dies nicht bedeuten. „Das nakedHEART wird natürlich weiterleben. Jetzt erst Recht. Die Botschaft dahinter ist sehr wichtig. Und so lange ich kann werde ich jene Projekte machen und Zeichen für Natürlichkeit setzen“.

„In Berlin ist gerade Fashion Week. Dort sind alle wieder groß darin, sich zu inszenieren. Warum tun sich heute so viele schwer mit der nüchternen Nacktheit?“ (Gerrit Starczewski)

Dass Starczewskis Nacktfotos im Übrigen keineswegs mit Sex zu tun haben, erklärt er uns auch: „Wir leben in einer Gesellschaft die immer mehr von Konsum und falschen Idealen geprägt ist. Überall wird suggeriert ’schön ist nur, wer dünn ist‘. Vieles wird immer oberflächlicher. Das ’nakedHEART‘ soll daran erinnern, das es immer auf andere Dinge im Leben ankommt. Sich selbst so anzunehmen wie man ist. Sich selbst gefallen – und nicht zwanghaft anderen gefallen zu wollen. Es lässt einen Menschen sehr bei sich sein. Alle sind heute groß darin, Selfies zu posten – Filter drüber zu legen. das ’nakedHEART‘ ist die unverfälschte Authentizität. Wenn man bei sich ist, hat man eine andere Leichtigkeit.“