Nach dem Tod ihres Stiefvaters meldet sich Neneh Cherry wieder zurück


Anfang der Neunziger stürmte die schwarze Schwedin mit Songs wie ‚Buffalo Stance‘ oder ‚Manchild‘ europaweit die Charts. Doch so flott sie die Hitparaden stürmte, so schnell verabschiedete sie sich auch wieder aus den Schlagzeilen der Musikpresse. Einzige Ausnahme: ‚7 Seconds‘, ihr Duett zusammen mit Worldmusic-Star Youssou N’Dour. Jetzt, nach der Geburt ihres dritten Kinds und dem Tod ihres Stiefvaters – des Jazz-Trompeters Don Cherry – präsentiert sie ihr drittes Album. ME/Sounds-Mitarbeiter Günther Matejka traf die charismatische Künstlerin in London.

ME/S: Du hast sehr schwere Zeiten hinter dir. Konntest du, nachdem dein Stiefvater gestorben ist, überhaupt noch konzentriert an deiner Platte arbeiten?

Das Album kam wirklich unter sehr schwierigen Umständen zustande. Ich lebe jetzt zusammen mit meinem Mann und meinen Kindern in einem kleinen Dorf in Spanien. Mein Stiefvater kam in den letzten Monaten seines Lebens zu uns, er wollte bei uns sein. Ich glaube, er wußte bis zuletzt nicht, daß er sterben würde, aber geahnt muß er es wohl haben. Denn er sagte, daß sein Leben wie ein Film vor ihm ablief. Wir redeten sehr viel miteinander. Heute tut es mir leid, daß ich es nicht aufgenommen habe. Ich hätte gerne seine Stimme auf Band, ich würde gerne etwas damit machen.

ME/S: So etwas wie Natalie Cole mit Nat King Cole – ein Duett posthum?

Ich weiß es nicht, vielleicht. Jedenfalls hatte ich kürzlich einen Traum, in dem wir zusammen gesungen haben.

ME/S: Was hast du gelernt, nachdem du so mit dem Tod konfrontiert worden bist?

Eine ganze Menge. Und wenn ich ganz ehrlich bin, muß ich zugeben: Es war auf eine spezielle Weise auch eine sehr schöne Zeit. Mir wurde klar, daß du dein ganzes Leben lang mit Depression und Euphorie, mit Fröhlichkeit und Traurigkeit, mit Leben und Sterben konfrontiert wirst. Du hast keine Wahl das sind die Spielregeln die du einfach akzeptieren mußt.

ME/S: Da dein Stiefvater Jazz-Musiker war hörtest du in der Wiege Miles Davis, oder? Meistens John Coltrane. Wenn ich diesen BeBop gehört habe, konote ich immer gut schlafen. Egal wo ich war – in unserem kleinen Haus am Arsch der Welt in Schweden, oder irgendwo seitlich von einer Bühne irgendwo in Amerika. Später, als Teenager, spielten mir meine Freunde Glam-Rock vor. Ich stand total auf Sweet. ‚Ballroom Blitz‘ ist ein geiler Song. Oder Suzy Quattro. Die war wirklich cool mit ihrem Baß, der größer war als sie selbst.