„Nuts“ – Doppelmoral


Da ist sie wieder: Barbra Streisand gegen den Rest der Welt. Die Moral, die ihr Gerichtssaal-Thriller vermittelt, hinterläßt allerdings einen schalen Nachgeschmack.

Sie faucht und flucht und schlägt um sich. Sie steht mit einem Bein im Irrenhaus, was sie nicht abhält, sich wie irre aufzuführen. Der Zuschauer weiß natürlich, daß sie eigentlich in Ordnung ist. Wie aber will sie so den Richter und den Staatsanwalt überzeueen? Wie nur soll ihr eigener Verteidiger nicht den Glauben an sie verlieren?

In Barbra Streisands neuem Film „Nuts“ (Durchgedreht) scheinen die Fronten anfangs klar. Auf der einen Seite die des Mordes angeklagte Edel-Prostituierte (B. Streisand), ebenso unschuldig wie uneinsichtig ihrer fatalen Lage gegenüber. Auf der anderen Seite ihre Eltern (Maureen Stapleton. Karl Maiden) und die Justiz, die gemeinsam eine „beste Lösung für alle“ beschlossen haben: Ab in die Psychiatrie, um einen peinigenden Prozeß zu vermeiden.

Ihr Pflicht-Verteidiger (Richard Dreyfuss) aber macht das beschämende Spiel nicht mit. In der Anhörung über ihre Fälligkeit, eine Verhandlung durchzustehen, nimmt er es mit Psychiater, Staatsanwalt und seiner eigenen Mandantin auf. Gegen ihren Widerstand gelingt es ihm, sie Schritt für Schritt als geistig gesund darzustellen. Das alles ist atemberaubend inszeniert (Regie: Martin Ritt).

Dann aber kommt’s: Das Verhalten der Angeklagten, ihr Lebensweg werden zurückverfolgt auf ihre Jugend. Dem Wunsch des Filmverleihs entsprechend, werden ihre Schlüsselerlebnisse hier aber nicht enthüllt. Die moralische Position, die der Film damit einnimmt, dampft so den schauspielerischen Kraftakt ein auf die Größe einer Courts-Mahler-Plotte in Schweinsleder.