Oscars 2012: Wer wird gewinnen? Eine Prognose


Keine Überraschungen: Martin Scorseses "Hugo Cabret" sowie Michel Hazanavicius "The Artist" sind die Favoriten bei den diesjährigen Academy Awards ("Oscars") mit jeweils 11 und 10 Nominierungen. Auch Wim Wenders wurde nominiert – für "Pina". Wir stellen eine Prognose auf.

Keine Überraschungen bei den diesjährigen, 84. Academy Awards („Oscars“): Martin Scorseses Kino-Hommage „Hugo Cabret“ führt das Feld mit elf Nominierungen an, darunter für den „Besten Film“ und die „Beste Regie“. Michel Hazanavicius sensationeller Nun-nicht-mehr-Außenseiter-Film, der Schwarz-Weiß-Stummfilm „The Artist, folgt mit zehn Nominierungen. Beides sind Werke, die sich mit dem Zauber des Kinos an sich („Hugo Cabret“) oder mit einer bestimmten Ära des Kinos („The Artist“) auseinandersetzen – Hollywood spiegelt sich mit diesen Nominierungen auch selbst (was der Qualität beider Filme keinen Abbruch tut).

Zu den Enttäuschungen zählen Steven Spielbergs „War Horse“ (5 Nominierungen, darunter keine für die „Beste Regie“) sowie die einzige Nominierung für Drive („Sound Editing“), womit der vielleicht beste Film des vergangenen Jahres (der hübscheste war er sowieso) übergangen wurde. Ebenfalls zwischen allen Stühlen stand wohl „Tim und Struppi“: Spielbergs zweiter Film in 2011 zeigte mit seinen Mo-Caps die herausragenden Spezialeffekte; anscheinend konnte sich die Jury nur nicht darüber klar werden, ob es sich um einen „Animierten Film“ oder nicht handelte – keine Nominierung, weder bei den „Visual Effects“ noch bei den „Animated Features“. Dafür darf Spielberg-Hauskomponist John Williams sich Hoffnungen machen auf seinen sechsten Oscar („War Horse“ oder „Tim und Struppi“). Bei Williams zählt die Masse: Er hat bereits 45 Nominierungen, jetzt kommen Nummer 46 und 47 dazu. Willams wird 82 Jahre alt, und er komponiert nur noch für Spielberg, also maximal für einen Film pro Jahr. Die Zeit verrinnt, das wird die Academy womöglich mit einem Oscar honorieren.

Leer ausgehen wird in jedem Fall die Animationsschmiede Pixar: Erstmals ist keiner ihrer Filme („Cars 2“) nominiert.

Zwei Nominierungen erhielt George Clooney – eine als Schauspieler („The Descendants“), hier ist er haushoher Favorit, und eine als Drehbuchautor („The Ides of March“, kann man gleich vergessen). Und Brad Pitt? Warum er als Schauspieler im Sportbranchenfilm „Moneyball“ und nicht als schweigsamer, tief schürfender Vater in „The Tree of Life“ nominiert wurde, ist eine berechtigte Frage. Er dürfte so oder so chancenlos sein – er muss noch ein paar mehr Nominierungen sammeln (dies ist seine dritte), bevor er von der Academy so richtig ernst genommen wird. Leider. Freuen darf sich ein „Oldie“: Gary Oldman. Für „Tinker Tailor Soldier Spy“ erhielt der 54-Jährige, das kann man gar nicht glauben, seine tatsächlich allererste Nominierung. Bei den „Besten Schauspielerinnen“ liegt eine geniale Darstellerin in einem schlechten Film ganz vorne: In „The Iron Lady“ porträtiert Meryl Streep die „Eiserne Lady“ Margaret Thatcher. Normalerweise erhalten Menschen für Top-Leistungen in schlechten Filmen keine Oscars. Aber an Streep dürfte kein Vorbeikommen mehr sein: Biopics stehen hoch im Kurs, und Streep (17 Nominierungen) wäre wieder dran. Es wäre ihr dritter Oscar. 

Schön langweilig dagegen wie zuletzt auch sind die Nominierungen für den „Besten Song“:  Ein „Muppet“-Lied (vom „Flight of the Conchords“-Mann Bret McKenzie) und „Real in Rio“ (aus „Rio“) vom James Last des Bossa Nova, Sergio Mendes – und mit einem Songtext von Siedah Garrett, die den meisten noch ein Begriff aus dem Michael-Jackson-Duett „I Just Can’t Stop Loving You“ sein dürfte: 1987 war das. Die Muppets, ein amerikanisches Kulturgut, dürften gegenüber dem Brasilianer Mendes, wenngleich er auch aus Fleisch und Blut ist und nicht aus Stoff, die Nasen vorn haben. Verdient hätte Sergio Mendes ihn jedoch; wenn nicht schon längst für sein Lebenswerk, denn er hat in den Sechzigern den Bossa in Amerika populär gemacht.

Best Directing: fünf tolle Nominierungen. Verdient hätte den Oscar: jeder von ihnen. Michel Hazanavicius, Alexander Payne („The Descendants“), Scorsese, Woody Allen („Midnight in Paris“) oder Terrence Malick („The Tree of Life“). Woody Allen fällt wohl flach („Midnight in Paris“ zählt allein als Anstands-Nominierung für den fleißigsten US-Regisseur aller Zeiten), Sonderling Malick wäre zu außergewöhnlich für die Academy, ausserdem hat kein Mensch seinen „Tree of Life“ so richtig verstanden; ebenso unwahrscheinlich ist es, dass der Franzose Hazanavicius quasi aus dem Nichts den Oscar erhält. Bleiben Alexander Payne, ein Mann der Beziehungsstudien und leisen Zwischentöne, sowie Martin Scorsese.

 Gut möglich, dass die Academy sich für Scorsese – der mit „Hugo Cabret“ die Liebe zum Kino feiert – entscheiden wird. Sehr wahrscheinlich sogar. Wer hätte das gedacht – sein zweiter Regie-Oscar nach „The Departed“ von 2006, nachdem er zuvor 30 Jahre lang leer ausgegangen war?

Es gibt auch zwei Deutsche unter den Nominierten. Der Hamburger Newcomer Max Zähle wurde für den „Live Action“-Kurzfilm „Raju“ nominiert (in dieser Rubrik gibt es des öfteren Nominierungen für Deutsche). Und dann noch Wim Wenders. Er erhielt die Nominierung für seine Doku „Pina“ über die Tänzerin Pina Bausch, gefilmt in 3-D. Nachdem Wenders 1998 für die Doku „Buena Vista Social Club“ bereits leer ausgegangen war – aus seiner Enttäuschung machte er damals auch keinen Hehl – stehen seine Chancen in diesem Jahr besser. „Pina“ erhielt überwiegend positive Kritiken.

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