Patti Smith: Horses


73 Wenn je eine Platte genau im richtigen — und vielleicht überhaupt einzig möglichen — Augenblick erschien, dann das Debüt von Patti Smith. 1975 war ein unsagbar ödes Rockjahr. Der „Summer Of Love“ mit seinen drogenseligen Westcoast-Bands war längst Geschichte und die erdbebenartige Punk-Revolution ließ noch auf sich warten. In dieser lähmenden Atmosphäre des kreativen Stillstands kam „Horses“ einem Fanal gleich. Plötzlich gab es ihn wieder, den drekkig-rauhen, morbiden und hemmungslosen Rock’n’Roll. Da spielte eine Band wie um ihr Leben und die Sängerin stammelte, sang und röhrte Worte ins Mikrophon als sei der Leibhaftige in sie gefahren. Die Zeile „Jesus died for somebody’s sins—but not mine“ aus dem Titelstück wurde zum Inbegriff Smith’schen Denkens und kennzeichnete ihren radikalen Bruch mit relgiös-konservativen Traditionen. Produziert von John Cale, der drei Jahre zuvor schon dem Debüt der Stooges seine unverkennbar düstere Handschrift gegeben hatte, geriet „Horses“ zu einem radikalen Abstieg in die Tiefen der menschlichen Psyche. Für Patti Smith, die auch erfolgreich Gedichte schrieb und malte, begann mit ihrem Debüt als charismatische Sängerin eine durchwachsene Karriere im Rock-Geschäft. Sie durchlebte so ziemlich alle Höhen und Tiefen, die der Rock’n’Roll zu bieten hat. Dennoch: Ihr der Single-Hit „Because The Night“ erinnern noch heute daran, daß die Siebziger mehr zu bieten hatten als nur Glam und Pomp.