Prodigy


Das britische Projekt Prodigy präsentiert den Soundtrack zum Leben der Generation X. Tekkno-Töne zwischen Verlorenheit und Aggression

Stagnation“, bekennt Liam Howlett, „wäre unser Tod. Scheiß auf den Erfolg! Prodigy wurde als Hardcore-Institution im Untergrund gegründet. Und dabei wird es bleiben. Wir richten uns nach keinem Trend – wir setzen Trends.“ Der 22jährige Londoner Howlett ist der Kopf des vierköpfigen Techno-Projekts Prodigy und gleichzeitig einer der führenden DJ’s der internationalen Dance-Szene. Erst im Februar 1991 gegründet, eroberten die vier von Prodigy schon mit den Maxis „What Evil Lurks“ und „Charly“, zwei Tekkno-Bretter von bemerkenswertem Härtegrad, gleichermaßen Tanzflächen urnfwiparaden. Kurze Zeit später bewiesen sie mit dejn Album „ThfeJ’rodigy Experience“, daß Techno auch in LP-Länge überzeugen kann. Mit „Music For The Jilted Generation“ jiur^rscheint Prodigys zweites Album auf dem ^WarkPRne“T J latte, die – folgt man Liam Howlett – einen ganz besonderen Stellenwert besitzt: „Music For The Jilted Generation ist die erste Tekkno-Symphonie der Welt. Ein AIbum mit unwahrscheinlich vielen Facetten und einem nie gehörten Abwechslungsreichtum.“ Liam, so möchte es scheinen, lebt von der Lust am Experiment: „Für die Kids habe ich zwar ein paar gnadenlose Tekkno-Bretter komponiert, aber wenigstens die Hälfte der 13 neuen Titel vereint so kontroverse Stile wie House und Zwölftonmusik, Ambient und Barock.“ Ein Konzept, das Liam Howlett ganz bewußt auf seine Generation zugeschnitten hat – was auch der Albumtitel (frei übersetzt: „Musik für die sitzengelassene Generation“) dokumentieren soll. „Prodigy ist der Prototyp der Generation X, was unser Sound deutlich unterstreicht. Denn Tekkno ist der definitive Soundtrack für das Leben in den goern.“ Inhaltlich zeichnen Howlett und seine drei Mitstreiter ein krudes Szenario aus Aggression und Verlorenheit. „Damit“, glaubt der Vordenker von Prodigy, „bringen wir die Gefühle unserer Generation auf den Punkt. Unsere Songs sind sexy und schroff, gewalttätig und sensibel. Und das hat seinen Grund, denn nie zuvor war eine Generation derart widersprüchlich in ihren Gefühlen wie die unsere.“ In der Artikulation dieser Gefühle sieht Howlett einen der Gründe für den Erfolg #es Prodigy-Projekts: „Unsere Erkenntnisse und diedaraus resultierenden Songs treffen den Nerv der Jugend.“ Was die Hitparaden denn auch klar und deutlich widerspiegeln.

Doch Prodigys’Erfolg hat auch andere Gründe. So geriet „Music For The jilted Generation“ zu einer Platte, die selbst aus Tekkno-Feinden Freunde des Genres machen kann. Dafür sorgt Prodigys sicheres Gespür für den klanglichen Crossover. So kooperiert das Quartett beispielsweise mit den musikalischen Schräglingen von Pop Will Eat Itself und unterstreicht auch damit, daß Prodigy keinerlei Berührungsängste kennen. Eine Tatsache, die Liam Howlett zum Beginn unseres Gespräches und damit zu seinem Lieblingsthema zurückkehren läßt: „Moderne Popmusik darf niemals stagnieren und muß alle Möglichkeiten ins Auge fassen. Wenn das nicht mehr gewährleistet ist, gehörst du schnell zum Mainstream und bist nichts weiter als ein Stück angepaßte Scheiße.“