Boy & Bear

TRIPPING OVER TIME

V2/Bertus (VÖ: 12.12.)

Altbewährter Folk-Rock, der zum Schmusen und Tanzen einlädt.

Boy & Bear sind für Australien das, was AnnenMayKantereit für Deutschland sind. Nie so wirklich banal, aber eben auch nicht verwirrend oder irritierend. Ich könnte mir Folgendes vorstellen: Melbourne, zwischen den Jahren, studentischer Club. Peter und Jane treffen aufeinander. Sie haben ähnliche Freunde, tragen ähnliche Klamotten, ernähren sich proteinreich. Sie sind positiv optimistisch, was ihre berufliche Zukunft betrifft.

Und eher pessimistisch, was die Weltlage angeht. Aber, hey, jetzt, hier, wollen sie all das vergessen und einfach nur sie selbst sein. Das rät ihnen indirekt auch diese Band, wenn sie über das Älterwerden und ihre zunehmende Gelassenheit im Umgang mit dem Leben an sich singt. Ein scheuer Kuss vor der Tür, erster achtsamer Sex bei ihr, Morgenkaffee in ausgeleierten und doch frischgewaschenen T-Shirts, die Jane bei den letzten beiden Boy-&-Bear-Konzerten erworben hat. „Oh, da warst du auch?“ – „Klar, ich höre die schon, seit ich elf bin“ – „Great!“: Hurtig zurück in die Federn.

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Wie schon die letzten fünf Alben bietet auch TRIPPING OVER TIME wieder anschlussfähigen Indie-Rock, der zum Schmusen und Tanzen einlädt. Text kommt auch vor. Und Akustikgitarre. Und zweistimmiger Männergesang. In „All These Years“ heißt es: „And I’d be lying if I said I ain’t got fears. And I’ve been trying to land it for all these years. Just trying to stand in the sun.“ Genau. So und so ähnlich wird munter vor sich hin gedacht und gedichtet. Das ist ganz hübsch, bringt aber den grüblerischen, literaturaffinen Studenten im Zweifel leider nicht auf neue Ideen bezüglich Beziehungen, Revolution und Aufruhr. Und die Studentin auch nicht. Im Gegenteil.

Diese Review erscheint im Musikexpress 1/2026.