David Bowie :: Earthling

Bowie, das Chamäleon: Da legt er 1995 mit iST OUTSIDE die erste Folge des groß angekündigten Zyklus‘ ‚The Nathan Adler Diaries‘ vor, mit der er an alte Großtaten anknüpft. Und während die Fangemeinde begierig auf die Fortsetzung wartet, schiebt er das Spontanwerk EARTHLING dazwischen, das – wozu drumherum reden ? – an der Grenze zum Geniestreich wandelt. Schon der Titel sagt, wo’s langgeht: Schwebte das vorzügliche, aber schwerverdauliche Vorgängeralbum irgendwo in outer space, lautet das Motto heute „Down to earth“. Die neun Stücke hat der Meister in nur neun Tagen geschrieben und ähnlich schnell mit dem Kern seiner Live-Band – Reeves Gabreis (Gitarre, Synthesizer), Zachary Alford (Schlagzeug), Michael Garson (Tasten) und Gail Ann Dorsey (Bass, Gesang) unmittelbar nach der letzten Tournee eingespielt. „Wir wollten das Energielevel sehr, sehr hoch halten“, beschreibt der Chef das Essentielle des

Aufnahmeprozesses. Was fürwahr gelungen ist. EARTH-LING ist R-O-C-K, angereichert mit Bowietypischen Ingredienzen wie Synthiesprenkeln, versch(r)obenen Rhythmen und schrägen Instrumentaleinwürfen. Vom pumpenden Opener ‚Little Wonder‘ an schlägt einen das 49-Minuten-Werk mit gnadenloser Power in seinen Bann. Favoriten zu nennen fällt schwer. Als Erste unter gleichen seien das metallisch atmende ‚Seven Years In Tibet‘ oder das eisig groovende ‚Dead Man Walking‘ erwähnt. Auf ‚Telling Lies‘ verschmelzen Jungle und Rock, ‚Pm Afraid Of Americans‘ ist das düstere Gegenstück zu Bowies 75er-Hit ‚Young Americans‘. Kontrollierte Ekstase, kühle Emotion, kaputte Eleganz.