David Bowie :: Reality

Rock: Bowies rockende Zustandsbeschreibung von New York City.

David Bowie hat sich seine Realität immer selbst bestimmt – stets geprägt von seiner jeweiligen Umgebung. Seit zehn Jahren ist dies New York. Sein letztes Album Heathen war noch kurz vor den Terroranschlägen des 11. September entstanden, Reality nun ist davon geprägt. Ein Album als Tribut an New York und seine Bewohner. Wirkte Heathen noch fast zaghaft, ist Bowie nun ein kraftvoll vielschichtes und rhythmusorientiertes Album gelungen, dass vom Puls der Metropole lebt. Bowie rockt wieder, und das keinesfalls so blechern wie noch zu Tin-Machine-Zeiten. Vielmehr bekommt es den Songs, dass die Energie der gut eingespielten Liveband ins Studio gebracht wurde und Bowie sich selbst weniger unter Innovationsdruck zu setzen scheint. Stattdessen hat er inzwischen diebische Freude daran, mit seinem alten Weggefährten Tony Visconti auf Entdeckungsreise in die eigene Vergangenheit zu gehen. Von den schüchternen frühen Siebzigern bei Heathen geht es nun dynamischer in die Spät-Siebziger mit deutlich mehr Optimismus. Wenn „Be My Wife“ und „Always Crashing In The Same Car“ nicht auf Low, sondern auf einem fiktiven „Up“ gewesen wären, hätten sie vielleicht wie „Fall Dog Bombs The Moon“ oder „Shell Drive The Big Car“ geklungen. Anstelle der manchmal fast lähmenden Konzeptlastigkeit bei Bowie fällt nun schon seit einigen Alben positiv auf, dass er sich als Songwriter wieder mehr zutraut und den Blick verstärkt auf Details richtet. Und in diesen stecken allerlei überraschende Wendungen – ausgerechnet „Bring Me The Disco King klingt nach verrauchtem kleinen New Yorker Jazzclub, die intime Ballade „The Loneliest Guy“ handelt eigentlich davon, dass er der „luckiest guy“ ist, und natürlich zeigen allein schon Titel wie „Fall Dog Bombs The Moon“ dass eine Reality-Show à la Bowie keine Soap-Opera, sondern eine entspannte und trotz aller Selbstironie lebensbejahend endlose Science&Fiction-Serie ist. „Never Get Old“? Indeed!