Jimi Tenor
SELENITES, SELENITES!
Bureau B/Indigo (VÖ: 28.11.)
Jazz, der Afrobeat mit Easy Listening und Alster-Brass-Band-Sound versöhnt.
Jimi Tenor und Tobias Levin liegen im Geopop-Weltbild ungefähr so weit auseinander wie, sagen wir, Shabaka Hutchings und John McEntire. Jimi Tenor hat sein jüngstes Album von Tobias Levin in Hamburg produzieren lassen, die Sache nahm Anlauf über Konzerte im dortigen Westwerk, es folgten die Aufnahmen mit Tenors Live-Band in Levins Electric Avenue Studio, das oberhalb der Location liegt.
Und diese acht Tracks schippern jetzt überraschend entspannt auf einem Alster-Brass-Band-Beat, sie sind allesamt vier oder fünf Minuten lang und gewinnen hier und da ihre Dynamik aus der Zusammenlegung von Jazz- und Chormusik (alle Bandmitglieder singen). Es klingt, als hätten der Multiinstrumentalist und Afrosoundmeister und der Hamburger-Schule-Musiker und Produzent ihr Leben lang nichts anderes getan, als gemeinsam mit ihren Buddys zu jammen.
Mit dem Track „Alice In Kumasi“ ist auch ein Link in die Geschichte Tenors enthalten, der ja schon in Studios in Ghana aufgenommen und die dortige Szene einbezogen hatte, gar nicht lang ist‘s her. Aber das Stück, dessen Titel wie ein Motto über dem Album stehen könnte, heißt „Sunny Song“ und könnte mit Flötentönen und einem ganz und gar aufgeräumten Gesang ein nächstes Easy-Listening-Revival einleiten. Und ein Versprechen geben: Wir lassen‘s hier und heute mal ohne Sorgen, ohne Verwerfungen und musikalisches Bruchwerk angehen. Das ist vielleicht der bleibende unter den vielen Eindrücken, die SELENITES, SELENITES! weckt: Unter aufmerksamer Betreuung kann eine Art von Jazz entstehen, die schon über Sounds viele verschiedene Lager untereinander versöhnt.
Diese Review erscheint im Musikexpress 1/2026.



