Only God Forgives :: Regisseur: Nicolas Winding Refn

Von „Drive“ zum absoluten Stillstand in einem Film: Refn und Gosling zelebrieren den Post-Action-Film.

Wenn einem Film so viel unverhohlener Hass entgegenschlägt wie „ Only God Forgives“ bei seiner Weltpremiere beim Festival de Cannes, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Der Film ist schlecht. Oder er ist so gegen die Erwartungen des Zuschauers gebürstet – eine Provokation! –, dass er sehenden Auges mit voller Wucht gegen sein Publikum rammt, als würde ein Amokfahrer mit seinem Wagen Vollgas in eine Traube von Menschen rasen, um zu sehen, was passiert. „Only God Forgives“, so viel vorweg, ist kein schlechter Film. Er ist aber auch nicht „Drive 2“, was sich viele von der erneuten Zusammenarbeit zwischen dem dänischen Brandstifter Nicolas Winding Refn und seinem Star Ryan Gosling erwartet hatten. „Die Damen schließen jetzt ganz fest die Augen, die Männer sollen genau zusehen“, verkündet ein allen Anzeichen nach allmächtiger thailändischer Polizeibeamter mit verdammt scharfem Samuraischwert in einer Schlüsselszene, bevor er einen Verdächtigen in einem schnieken Salon vor vielen Zeugen ganz langsam tranchiert und Bunuels „L’age d’or“ grüßen lässt. Refn spricht hier auch direkt zu seinem Publikum. Das Problem ist, dass zwar hingesehen, aber nicht ausreichend zugesehen wird. Die nur hinsehen, sind abgeturnt vom schleppend langsamen Tempo des Films, von seiner nur marginal existierenden Handlung, von seiner exzessiven Gewalt, von seiner aufdringlichen Symbolik, von der rudimentären Figurenzeichnung, aber am Ende doch vor allem von Refns Verweigerung, irgendetwas in seinem Anti-Actionfilm erklären zu wollen. Er lässt das Publikum allein mit dieser Geschichte eines jungen Mannes in einem nur zu Nachtzeiten existierenden Bangkok, der den Zorn von Übervater und Übermutter heraufbeschwört, weil er den Tod seines Arschlochbruders nicht rächen will. In Cannes rieten einige Kritiker dem Regisseur, er solle mal einen Psychotherapeuten aufsuchen – und tappten damit direkt in die Falle, die Refn mit seinen demonstrativ zur Schau gestellten Verweisen auf die Filme Lynchs, Jodorowskys oder Noés aufgestellt hat. Refn hat offenkundig „Kino wider die Tabus“ gelesen, Amos Vogels wegweisendes Buch über das Medium Film als Bannerträger subversiver Kunst im 20. Jahrhundert. Die Stilmittel des Cinema of Transgression eines Richard Kern stellt er nun genussvoll aus, aber eben auch augenzwinkernd wie ein Hofnarr, und hält den Spiegel vor. Sollte man wirklich glauben, sich in diesem Füllhorn Freud’scher Anspielungen und Kastrationsfantasien im ausdruckslosen Gesicht von Ryan Gosling wiederzufinden, wäre man ordentlich gepunk’d worden.

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