Scorpions :: Eye To Eye

„Sagt Bill Clinton zu Monica Lewinsky…“ Mit Witzen zu diesem Thema ist einem derzeit jeder Originalitätspreis sicher. Deshalb ziert „To Be No. 1“, die erste Single aus EYE TO EYE, eine leichtbekleidete Dame, die auf einer überdimensionalen Zigarre reitet und sich lüstern an die Brust greift. Was haben wir gelacht. Aber halt. Vielleicht tun wir den Scorpions ja unrecht. Möglicherweise möchten sie ja vom lauen Metal ablassen und nun mal ein heißes Eisen anfassen. Werden hier am Ende „Finger in Wunden gelegt, die andere unter den Tisch kehren“ – um den geschätzten Paul Breitner zu zitieren. Man weiß es nicht so genau. Vielleicht gibt das Video Aufschluß. Klaus Meine (ausnahmsweise ohne Mütze) stakst durch das Oval Office, ein Heer von Praktikantinnen schwingt die Flying V. Zwischendurch sieht man die Musikanten mit Feudeln im Takt den Boden schrubben. Was will uns das sagen? Tja. Kommen wir zur Musik. Nüchtern betrachtet ist das Stück einfach eine schlechte Roxette-Nummer, bei der im Hintergrund ein Casio der ersten Generation vor sich hin bleept. Dazu die Vocals des Herrn Meine, der natürlich immer noch nicht akzentfrei englisch singen kann. Plus ein angedeuteter Reggae-Rhythmus. Zwischendurch gibt’s noch ein paar eklige Gitarrenriffs. Zum Text: „Isn’t it fun to be No. 1“. Äh,ja. Der FC Bayern hat vor ein paar Jahren bei dem unsäglichen Andrew White mal eine neue Stadionhymne in Auftrag gegeben. Herausgekommen ist damals das überaus grausige „Forever Number One“. Aber selbst dieses Verbrechen an der Musik ist noch um Längen besser als die Scorps-Nummer. Wer sich trotz allem ans Album ranwagt, dem seien wenigstens noch folgende Warnungen mit auf den Weg gegeben: Machen Sie sich auf Texte gefaßt, die sie in dieser Einfalt garantiert noch nicht gehört haben („Brake the bread, drink the wine, in my heart you live forever, time to go is never right“ – aus dem Titeltrack). Und rechnen Sie mit standardisierten Balladen („Obsession“), die klischeetriefender daherkommen als die Lovestory in „Armageddon“.