Rock am ME-Bus


Zu vermessen wollen wir ja nicht sein, aber es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn der ME im nächsten Jahr nicht offiziell eine eigene Bühne bei Rock am Ring an den Start bringen darf. „Hanuta Schrammel Stage“ -„Wick Windfang Spot“ – „Zündapp Feedback Forum“: Die Suche läuft, für geile Namensvorschläge und nicht weniger geile Sponsorenangebote sind wir offen.

Jedenfalls gab es am (nicht mehr grünen, sondern amourös-roten) MUSIKEXPRESS-Bus in diesem Jahr nicht nur jede Menge Autogramme (u. a. von Mando Diao, The Hives, My Chemical Romance, Beatsteaks, The Sounds, The Fratellis, Maximo Park, Travis, Paolo Nutini), sondern auch ein paar höchst exklusive Takte Livemusik. Unter technischen und logistischen Umständen, die wir alle noch von Schulhoffesten oder vom ersten Pfadfinderlager kennen, aber unter der Freisetzung von mindestens soviel Charme und Einsatzwille – vor allem bei den Bands und Künstlern, die sich mit viel Spaß auf dieses kleine DIY-Abenteuer einließen.

Die Sache war vor allem eine Frage des Timings: jeweils in den Umbaupausen auf der nahen und somit ziemlich lauten Alternastage kletterten Charlotte Hatherley, Sugarplum Fairy, Ghosts, Tele und die Kilians fix auf die Wohnklo-große Bühne, klemmten sich hinter die raren Mikrofone und gaben für eine schnell wachsende Zuschauerschar die spontanen Straßenmusikanten.

Miss Hatherley und ihre zweite Gitarristin brachten die Leute umgehend mit Kim Wildes „Kids In America“ auf ihre Seite – einem etwas aufdringlichen Erste-Reihe-Tänzer entledigte sie sich mit der scharfen Anweisung „Strip!“, und auch der ominöse Klapprad-Fahrer (wie bitte bringt man ein Klapprad an der Eingangssecurity von Rock am Ring vorbei?!) mit dem Wunsch auf Eintragung in sein Poesiealbum gab irgendwann auf. Tele, verzweifelt um so etwas ähnliches wie Sound kämpfend, beließen es wohl nicht von ungefähr bei dem einen Titel: „Wo soll das hinführen“- und der hatte trotzdem Soul und Verve.

Die grundsympathischen Ghosts zeigten mit zwei sehr schönen Songs alter Britenpopschule. dass ihr groß produziertes Debüt ihre eigentlichen Stärke eher versteckt statt sie zu unterstreichen. Sugarplum Fairy warteten mit Engelsgeduld auf ihren Einsatz (Spielzeitverschiebungen auf der Alternastage, wo am Samstag der Metal mit harte Hand regierte, waren schuld), brachen dann aber auch alle ME-Akustikgig-Zuschauerrekorde -Köpfe und Arme, so weit man von der kleinen Bühne sehen konnte! Und weil die Bühne so klein war, machten die Schweden das Beste draus: Sie teilten ihre Band und kurzkonzertierten in zwei Besetzungen.

Die jungen Kilians, die am Sonntagnachmittag eine gute Figur auf der Alternastage abgaben, packte schließlich fast die Panik, als sie sahen, auf was sie sich dann eingelassen haben: zwei Drehsessel, wacklige Mikrofonständer, keine Monitorboxen – nicht die Idee von so etwas wie Kontrolle. Dennoch ließen sie sich auf den Akustikgig-Irrwitz ein. Und ihre Songs brachten alles in Ordnung: die Zuschauer begeistert, die beiden Kilians zufrieden. Leute, lasst euch das eine Drohung sein: Im nächsten Jahr machen wir das wieder (mit Monitorboxen und so…)!