Rufus Wainwright


Mit dem Gay Messiah gerät das Vorprogramm von Keane a little bit stranger.

Kurz bevor Rufus Wainwright sich in Köln und Hamburg als Support von Keane die Ehre gab, nutzte die (noch) seltene Spezies „deutscher Rufus-Fan“ die Website der Briten als Wirtstier, um sich in deren Forum gemeinsamer Vorfreude hinzugeben. Die geäußerten Bedenken, der Verehrte konnte von eingefleischten Fans des Hauptacts nicht ausreichend gewürdigt werden, sollten sich als unberechtigt erweisen. Doch darf die Wainwnghtsche Entscheidung, sich ohne mit der Wimper zu zucken vor einem geliehenen Publikum ans Yamaha-Piano zu hocken und als Opener sein „Agnus Dei“ zu intonieren, mindestens als mutig zu bezeichnet werden. Den Kopf lassig in den Nacken geworfen, die Tasten mit geschlossenen Augen bearbeitend, inbrunstig die lateinische Ode an das Lamm Gottes singend, schlägt der Mann im dunkelblauen Samtanzug die Keane-Fans [und seine 15 eigenen] in Bann.

Verkopfter Kunst-Kitsch, sperrige Intellektuellen-Bespaßung? Ach wo, Wainwright wirkt dabei so lässig und entspannt, als wurde er beim Bäcker an der Ecke Gebäck für die Kaffeepause holen. Und: Das Publikum klatscht, pfeift, johlt, hat die sperrige Kröte geschluckt. Endgültig gewonnen hat der Kanadier mit dem unfaßbaren Lungenvolumen, als er bei „Vibrate“ einen hohen Ton vergeigt und den Patzer mit einem amüsierten „uuäah“ kommentiert. Während des 45minüügen Sets federt Wainwright zwischen Piano, Bühnenrand und seinen drei Musikern hin und her, erzählt gutgelaunt Wissenswertes zur Entstehung von Songs und widmet den „Gay Messiah“ grinsend Johannes Paul II.: „May it be the last thing hell ever hear.“ Oha! Dabei wird einem auch in Ketzer Rufus‘ Gegenwart ganz sakral zumute, wenn er das todtraurige „This Love Affair“ zum Besten gibt oder mit „The Art Teacher“ im Saal für hektisches Kramen nach Taschentüchern sorgt. Der orchestrale Bombast von WANT ONE und WANT TWO, die verspielte Leichtigkeit der Pos ES Phase – nichts davon geht in der Live-Version verloren. Und nicht eimal die McFly-eske Daunenweste und die wenigstens bommelfreie Strickmutze mit denen Rufus sich danach für ein paar Autogramminuten am T-Shirt-Stand zeigt, tun seinem Charisma Abbruch. Die Anzahl der Rufus-Fans unter den Keane-Website-Usern dürfte deutlich gestiegen sein, für nicht wenige mutierte an diesem Abend das Hors D’Oeuvre zum Hauptgang. Wainwrights Versprechen, bei den kommenden Solo-Gigs satte zwei Stunden lang zu spielen, nehmen wir ihm unbesehen ab. Schließlich mag der Mann alles a little bit stronger, a little bit thicker.

www.rufuswainwright.com