Saxon – Die Axt im Walde


Die "Heavy-Metal-Battle"-Tour rollt im November durch deutsche Lande. Insgesamt 17 mal treten Saxon, Ozzy Osbourne und die junge deutsche Band Revolver zwischen Kiel und Ravensburg für das hiesige Fanvolk an. "Denim & Leather" werden die Szene beherrschen - und vor den Hallen dürfte so manches schwere Motorrad geparkt werden...

Heavy Metal Battle, welch eine Wortschöpfung! Biff, langmähniger Leadsänger der britischen Heavy-Band Saxon, zuckt nur mit den Schultern. Er ist aus seiner Heimat Schlimmeres gewöhnt. In einem Land, wo Headbanger-Treffen, sprich Open Air-Festivals, zu Holocausts hochstilisiert werden, regt man sich über kleinere Schlachtfelder nicht mehr weiter auf. Man weiß aus Erfahrung, passieren wird nicht viel. Der übliche Müllberg wird nach den Konzerten übrig bleiben, denn die Schlachten werden mit Bier im Pappbecher geschlagen. Und wenn hier und da eine Leiche liegenbleibt, dann war mit Sicherheit der Teufel Alkohol am Werke. Umwerfend.

Und auch die Bands, die Kumpels auf der Bühne, sind nicht gewillt, großangelegte Kämpfe auszufechten. Schließlich ist man in keiner Sportarena, werden Konzertausgänge nicht in Punkten und Toren gewertet. Jeder kocht sein eigenes Süppchen, nicht selten ist man selbstsicher genug, sich von vorneherein als Sieger zu begreifen. Und in dieses Bild paßt auch („Ozzy ist ein guter Freund von uns.“-Biff), daß Saxon schon in dem Selbstverstandnis antreten, diese Tournee sei ihre Tournee und die Auftritte drumherum schmückendes Beiwerk.

Im Februar dieses Jahres begann Saxon’s Siegeszug in der BRD. Im Vorprogramm von Judas Priest spielten sich Biff (Gesang), Frank Grill (Schlagzeug), „Dobby“ Dawson (Baß), „Oly“ Oliver (Gitarre) und „Blute“ Quinn (Gitarre) in die Herzen der Heavy-Metal-Fans. Biff läßt nicht aus zu erwähnen, daß sie gegen Judas Priest wohl nicht schlecht ausgesehen haben.

Ich hatte mir das Konzert erspart – zum einen, weil ich die Schlappschwänze von Judas Priest bereits über mich habe ergehen lassen müssen – und auch keinerlei Bedürfnis verspürte, mir mit Saxon eine weitere Gruppe reinzuziehen, die sich (promotionwirksam oder nicht) dem blödsinnigen Wettbewerb verschrieben haben, wer denn nun zum Teufel wirklich die lauteste Band auf der Welt sei. Vielleicht ist das dem unbändigen Ehrgeiz der „Northeners“ zuzuschreiben, dem Gefühl von Unterlegenheit, das sie gegenüber dem Rest von England fühlen. Und es hat den Anschein, als würden ihre Bemühungen auf breiter Front belohnt. Das neue Album DENIM AND LEATHER kletterte in ihrer Heimat sofort in die Top Ten, – Japan, Deutschland und Amerika feiern die Jungs nicht weniger. Und sie demonstrieren weiterhin Publikumsnähe, holen etwa für die HM-Hymne „Denim And Leather“ ihre treuesten Fans ins Studio und – wesentlichste Erkenntnis für mich – variieren ihren Stil, klingen auf dem neuen Album differenzierter als beim Geholze in den Anfangstagen, geben sich mehr Mühe mit singbaren Melodien. Biff: „Wir haben eben erkannt, daß wir uns weiterentwikkeln müssen. Du kannst einfach nicht jahrelang auf der gleichen Stelle treten.“

Ihr habt euer neues Album DENIM & LEATHER in der Schweiz und in Schweden aufgenommen, so fern der Heimat. Warum?

„Zum einen wollten wir uns verändern, zum andern liegt das einfach an den hohen Steuern in England. Das Studio in Genf war großartig. Nur für den Gesang war es nicht geeignet. Den haben wir dann in den Polar-Studios eingespielt. Abba sind ja sowieso immer auf der Suche nach englischen Bands, die ihr Studio benutzen wollen. Und sie haben uns einen guten Preis gemacht. Klar taten wir’s nicht, um wie Abba zu klingen, haha …“

Hab‘ ich mir gedacht. Für die Backings habt ihr wohl ein Studio mit einem rauhen Sound gebraucht?

„Exakt. Wir waren auch tierisch laut da unten in Genf. Man konnte uns selbst unten am See noch hören. D & L ist das lauteste Album, das wir je aufgenommen haben. Warum? Keine Ahnung. Es lief halt darauf hinaus. Paul hat seine Gitarrensoli über vier (!) Marshalltürme gejagt. Wahnsinn! Wir haben ihn deshalb ins Klo gesteckt.“

Ein neues Album, eine neue Tournee. Spielt ihr eigentlich die gesamte Tour als „Package“ mit Ozzy Osbourne und Revolver?

„Nein! Das läuft nur in der BRD. Frag‘ mich nicht warum.“

Bist du eigentlich glücklich über die Ankündigung auf den Postern: Heavy Metal Battle?

„Nein, eigentlich nicht. Man hätte besser unser Plattencover abgebildet. Denn ganz ehrlich: Es ist unsere Tournee! Und daran sollte es keinen Zweifel geben.“

Zu Zeiten des Heavy-Metal-Booms haben einige Plattenfirmen alles unter Vertrag genommen, was auch nur im Ansatz Heavy Metal spielte. Gerade für diese jungen Bands wird das Überleben schwer werden, wenn das Klischee einmal ausgedient hat. Na, und nimmt man Reading’81 als Indikator, da war das Programm schon weit gemischter als im letzten Sommer. Es werden also nur die Stärksten überleben …

Ja, wenn stark bedeutet, daß man als Band bereit ist, hart an sich zu arbeiten. Und du mußt auch zusehen, nicht in irgendeine Kiste gesteckt zu werden, da hast du recht. Eine solche Tournee „Heavy Metal Battle“ zu nennen, ist tatsächlich ein wenig albern. Kein Konzert wird je zu einem Kampf, zu einer Schlacht ausarten. The best band doesn’t win! Nur das Publikum entscheidet. Bei den Judas Priest-Gigs im Februar lief es sehr gut für uns – auch für Judas Priest. Warum also ein Kampf?

Judas Priest: Gutes Stichwort. Das bringt mich automatisch auf den Begriff Image. Das steht bei vielen so im Vordergrund, daß es die Künstler kaum immer erfüllen können …

„nichtig! Aber wir sind nicht auf so ein dummes Macho-Image aus. Die Musik sollte im Vordergrund stehen. Wenn wir überhaupt ein Image haben, dann ist das bestimmt durch die Persönlichkeiten, die auf der Bühne stehen. Es gibt keinen großen Hype. Es ist alles ganz unkompliziert, gradeheraus und ehrlich.“

Es heißt immer, gerade die Jungs aus dem Norden Englands seien besonders harte Arbeiter, entwikkelten einen Riesenehrgeiz …

„Yeah. Der Norden ist arm. Wenn wir eine Chance sehen, wir „Northener“, nehmen wir die Gelegenheit beim Schopf.“

Stichwort Symbolismus. Habt ihr das nicht ein wenig aufgesetzt?

„Wir haben eigentlich genauso weitergemacht, wie wir angefangen haben. Alle Bands benutzen es mehr und mehr. Es muß diese Symbole geben, wie das Saxon-Logo, den Krieger auf dem ersten Albumcover. Wir stehen drauf. Die Kids können sich die Logos auf ihre Jacken nähen. Diese Symbole sollten den Bands allerdings nicht über den Kopf wachsen, einen höheren Stellenwert bekommen als die Band selbst. Nimm‘ Kiss zum Beispiel. Kiss besteht nur aus Make-up und Stage Act. Und all das ist größer als die Gruppe selbst. Das mag für Kiss ok. sein – zu uns paßt es nicht.“

Kritiker des HM schimpfen, die Szene sei militant, die ganze Headbanger-Geschichte ungesund …

„Sie ist nicht militant. Sie ist rebellisch. Und das ist nicht dasselbe. „

Erklär‘ mir mal den Unterschied aus deiner Sicht.

„Ok: Die Jungs stehen auf, sagen: ‚Schaut her, ich will nur dies tun, ich will diese Art von Musik hören, ich will diese Klamotten tragen, will Motorrad fahren.‘ Headbangers sind nur von der Presse geboren, der Begriff aufgebauscht worden. Die Jungs schütteln mit ihren Köpfen zum Rhythmus. Aber sie rennen nicht mit ihren Köpfen gegen Lautsprecherboxen oder die Bühne.“