Sheryl Crow


„SCHIE ISCHT UNIQUE, ISCHT SCHIE NOT? DU MUST schreib that!“ Das 17jährige Sheryl Crow-Ebenbild hinter mir hat erspäht, daß ich mir deutsche Notizen in meinen Block mache und packt jetzt seine Sprachkenntnisse aus, um der Begeisterung Ausdruck zu verleihen. Einzigartig? Jein. Angesichts der puren Brillanz einzelner Songs ist es ein Rätsel, wie so viel von Sheryl Crows Set derart mittelmäßig bleiben kann. Losgelegt hat Crow mit „If It Makes You Happy“, „A Change Would Do You Good“ und der gräßlichen Powerballade „Run Baby Run“. Das nachfolgende „Leaving Las Vegas“ klaut das Bass-Riff von Earth Wind & Fires „Boogie Wonderland“, und durch alles hindurch ziehen sich rote Fäden von den Rolling Stones und Gram Parsons. Mit den ersteren war Crow unlängst auf USA-Tour – zumindest ihr Leadgitarrist hat dabei offensichtlich mal Keef über die Schulter geguckt. Dankenswerterweise läßt Crow ihm und den beiden anderen Klampfern immer wieder Platz für kurze aber coole Ausbrüche der kontrollierten, subtilen Art. Dazu bringt der Keyboarder Verfremdungseffekte ins Spiel, die dem Klangbild zusätzliche Spannung verleihen. Ansonsten aber ist Sheryl Crow bis zu diesem Zeitpunkt Little Miss Mittelmaß. Die Wende kommt für mich erst mit „Redemption Day“, einem Song, der aus der Feder von Nick Cave oder 16 Horsepower stammen könnte. Da wird’s düster und sehr langsam im Tempo. Es erklingen ein existentielles Banjo und eine einsame Mandoline. Endlich beweist Frau Crow, daß sie es doch kann. Das Pärchen hinter mir ist, wie die halbe Halle, anderer Meinung und nutzt die neue Stimmung in der Arena für ein kleines Schwätzchen. Schade, denn jetzt lohnt sich das Zuhören wirklich. Sogar die entspannte neue Single „Home“ gefällt mir in der Live-Fassung und erst recht „Every Day Is A Winding Road“ samt Bongosolo und Crow-Kommentar („hey, that’s funky“). „All I Wanna Do“ und „I Shall Believe“ beenden das Konzert auf bekannt stadionkompatible Weise, und zur Zugabe spielt Sheryl noch ein bißchen Akkordeon. Alles in allem wird die Erinnerung an „Redemption Day“ wohl so stark bleiben, daß sich alles andere dahinter verstecken muß.