Sommertraum der Nostalgie


Der (möglicherweise) erwartete deutsch – italienisch – amerikanische Publikumsansturm zu den „Summertime Dream“-Festivals mit Angelo Branduardi, Stephen Stills, Ritchie Havens und Graham Nash ist ausgeblieben. Italiener wurden kaum gesichtet, die verbrachten ihren Urlaub wohl in der Heimat. Die Amerikaner sparten sich ihre Energie für die Hard-und Heavy Metal-Festivals auf. Blieben die Deutschen mit ihrem Hang zu Romantik und Nostalgie, die elf Jahre nach Woodstock sozusagen den Mythos vor der Haustüre nachzuerleben hofften.

Das Großereignis der Carovana del Mediterraneo, vor 42.000 Besuchern in Mailands San Siro Stadion mit großem Brimborium präsentiert, mit Laser-Lightshow und gemeinsamen Spiel Branduardi-Stills-Havens auch für Deutschland angekündigt, fand nicht statt. In Dortmund überhaupt nicht, auf der Loreley und in München bedingt, in Würzburg noch am konsequentesten. Hintergrund der Abweichungen vom publizierten Programmablauf: technische Schwierigkeiten. Die Hälfte der Trucks mit den zwei getrennten Anlagen für je zwei Festivals, die einen reibungslosen Ablauf der Carovana garantiert hätten, waren in den Alpen Verschütt gegangen. .Streik der italienischen Zöllner“ war als Begründung zu hören. So kamen nur die Würzburger in den Genuß von Laser und Lightshows und Sessions, die Loreleybesucher waren die Dummen. Sie erlebten Richie Havens‘ langweiligen Soloeinstieg, ein erstes Aha-Erlebnis bei „Here Comes The Sun“, ein wenig Stimmung beim Einstieg seiner Band und umjubelten schließlich „Freedom“ zum Abschluß. Friede, Freude, Eierkuchen. Woodstock lebt eben doch noch??

Danach Angelo Branduardi, der an diesem Tage Stills und Nash kampflos das Finale überließ. Weit weniger attraktiv ohne Nebel und Schneeflöckchen, dennoch stimmungsvoll: Tanzen und Träumen war angesagt, je nach Song und Rhythmus. Die Spielzeit von über zwei Stunden ist noch immer Angelos größtes Handicap. Der intensive Eindruck seiner Musik leidet unter dieser Überlänge.

Und nochmals der Geist von Woodstock: Sülls und Nash kommen gleich gemeinsam auf die Bühne, zusammen mit der California Blues Band: sie spielen einen Blues(!). Ungewohnt hart und rokkig ziehen die alten Helden los. Richtig feurig. „Love The One You’re With“, Stücke von Manassas, das Schlagzeugsolo. Und raus ist die Luft. Es folgen viele alte Kamellen: , Wooden Ships“ und das unvermeidliche „Teach Your Children“. Der Satzgesang ist schräg wie eh und je. Da stimmt (fast) gar nichts. Sind die Mißtöne integriertes Stilmittel? Die Leute auf dem Felsen über dem Rhein waren dennoch zufrieden. Sie vermißten keine Session, keinen Laser. Die Sonne war an diesem Wochenende eh das Salz in der Suppe.