Soul II Soul


Vor einem Jahr trat Soul II Soul schon einmal im gut 3500 Zuschauer fassenden Palladium auf. Damals waren die Eintrittskarten so begehrt, daß sogar Stars des New Yorker Nightlife wie Robert DeNiro an der Tür abgewiesen wurden. Beim erneuten Gastspiel Anfang August diesen Jahres hätte selbst der gewaltig in die Breite eegangene Marion Brando lässig Platz in der Dinosaurier-Disco gefunden.

Auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs war die Gruppe unter der Leitung von Jazzie B ein Quell einfallsreicher Mode- und Musiktrends. KEEP ON MOVIN‘, das erste Album, versprach einen Marschplan für die Zukunft der Popmusik: ein regenbogenfarbenes Rassengemisch, vereint in Mode und Musik, eine hiphoppende, heile Benetton-Welt.

Das war vor einem Jahr. Mittlerweile hat Sängerin Caron Wheeler die Gruppe verlassen, und zahlreiche Imitatoren äffen den Sound von Soul II Soul perfekt nach. Das zweite Album 1990 – A NEW DECADE purzelt gerade im freien Fall die Charts hinunter, und die einst vielversprechende Zukunft der Gruppe wirkt verschwommen. Diese Tatsachen vermochte auch der Einsatz von reichlich Trockeneis im erschreckend leeren Palladium nicht zu vernebeln. Leider war auch der musikalische Gehalt des Abends eher nebulös: Das Gerede von der globalen Gemeinde klang in diesem Kontext abgedroschen, und die Botschaft zum Händereichen wirkte hohl.

Vor einer farbenprächtigen Stoffleinwand mit schwarzen Supermännern darauf erklärte Jazzie B umständlich den Werdegang der Gruppe und der ersten Songs. Halb Rapper und halb New-Age-Prediger. führte er die vier Divas von Soul II Soul – Victoria Wilson-James. Marcia Lewis, Lamya und Kym Mazelle – in Songs wie „A Dream’s A Dream“, „People“, „Love’s Come Through'“ und „Missing You“ ein. Das ergab immerhin eine lebendige, bunte Show – nicht zuletzt dank der animierten 14köpfigen Band, die aus vier Keyboards, drei Streichinstrumenten, drei Bläsern, drei Back-up-Sängern und einem wilden Drummer bestand. Diese Musiker gaben dem Bühnenspektakel die Sinnlichkeit schwarzer amerikanischer Popmusik, die sich mit hartem HipHop-Beat und langsameren britischen Akzenten zur anmutig dahinflatternden Mittelklasse-Idylle vereinte.

Das war zwar recht schön und amüsant zu beobachten, doch leider erfüllte das Konzert mehr die Ansprüche seiner Akteure als die des Publikums. Und so wirkte die Zugabe, der 13. Song des Abends, mehr wie ein Postulat an Soul II Soul als an die müde hinausschleichenden Zuschauer: „Back To Life, Back To Reality“.