The Case of the Blue Guitar


»Am Hollywood Boulevard in Los Angeles gab es einen Hamburgerladen namens >Georges-. Den haben sie zwar vor kurzem abgerissen, aber ich träume davon, das Album in einer ähnlichen Umgebung aus den Lautsprechern spielen zu hören.« Peter Case zieht kurz an seiner Zigarette und schiebt gleich noch einen Verwirrung stiftenden Satz nach. »Wenn es so etwas gibt, dann habe ich die Songs für Leute geschrieben, die sich Plattenspieler und Platten eigentlich nicht leisten können. Deswegen sollte das Album in Bars oder sowas ähnlichem gespielt werden.« Auch der Titel des zweiten Soloalbums des Ex-Plimsouls-Frontmannes ist ziemlich widerspenstig. »The Man With The Blue Postmodern Fragmented Neo-Traditionalist Guitar«, das ist nichts, was einem Plattenkäufer locker über die Lippen geht. Peter Case hat gewisse Vorbehalte gegen allzu simple Sachverhalte. »Zu Plimsouls-Zeiten hatten wir einen Song namens >Sorry- im Programm. Als ich einmal nach dem Konzert mit den Kids gesprochen habe, die fast jeden Abend vor der Bühne standen, redeten die dauernd von einem Song mit dem Titel >Party-. Ich sagte, dass wir so ein Lied gar nicht hätten, >Doch-, sagten die darauf und haben den Chorus von >Sorry- gesungen – von vorne bis hinten falsch.« So gesehen, machte sein Ausstieg bei den Plimsouls vor fünf Jahren Sinn. »Ich habe mir neulich nochmal das 81er Livealbum angehört. Alles war so l-a-u-t. eine Art gezwungenes Gefühl – >Tanzt!-« – die Finger seiner rechten Hand bilden eine Pistole und zielen auf das imaginäre Publikum. Mit seiner Gitarre und der Mundharmonika im Gepäck ist er durch Hunderte von Clubs gezogen, hat improvisierte Konzerte in Plattengeschäften und Radiostationen gegeben und an Straßenecken gespielt. »Ich weiß, das machen sie jetzt alle. Leute zusammentrommeln, ihnen die ersten sieben Sekunden von einem Stück vorspielen und sie dann nach ihrer Meinung fragen. Aber es hat meine Liedanfänge ziemlich verbessert. Auf der Straße laufen die Leute vorbei und man hat etwa zehn Sekunden, um sie zum Stehenbleiben zu kriegen.« Lieder, die durch jahrelanges Perfektionieren fast zu einem akustischen Körperteil geworden sind im Studio wie gerade eben geschrieben klingen zu lassen, und sich dazu auch noch plötzlich der Unterstützung von Mitspielern zu bedienen die Gefahr hegt nahe, die Songs zu Tode zu glätten, mit Gewalt spontan und unverkrampft klingen zu wollen. Doch aus »Blue Guitar«, wie wir es der Einfachheit halber und mit Einverständnis des Mannes mit dem blauen Saiteninstrument nennen wollen, klingt dieses rare Moment, das entsteht, wenn Könner mit Spaß Musik machen. »Nimm >Old Part Of Town-: Wie bei den meisten Stücken auf dem Album ist das der erste oder zweite Take, der Gesang und die Gitarre sind live. Jim Keltner spielt Drums und David Miner Baß.« Beim Anhören des zehn Songs sieht ma es förmlich vor Augen: Ry Cooder. Benmont Tench, die beiden Davids, Lindley und Hidalgo und noch einige andere stehen im Studio um einen Mann mit blauer Gitarre und machen Musik für sich selber. Und für den zufälligen Zuhörer, der nach zwei Takten unwiderstehlich angezogen stehen bleibt, bis die Musiker Durst bekommen und ihre Instrumente einpacken.