The Shins München, Atomic Cafe


Kleine Atempause, Geschichte wird gemacht. Und die Hypothek ausgehebeli.

Der Kollege in Hamburg war vorgestern bei den Shins und hat sie per SMS schon mal zur „besten Band der Welt“ erklärt. Und wir hier, kommt man mit dem Nachbarn überein, erwarten jetzt einfach mal Historisches, nicht weniger. Selten reitet Bands so ein Leumund überirdischer Unfehlbarkeit voraus wie James Mercer und den Shins, die mit ihren Alben oh. inverted world (2001] und dem aktuellen chutes too Narrow dem guten alten Sub-Pop-Label letzthin neuen Glanz und veritable Bestseller beschert haben. Und das ganz ohne Grunge, sondern mit einigen der charmantesten, strahlendsten, knalligsten Indiepop-Ohrwürmer der ganzen Liga. Eine hübsche Hypothek, die sich da unter viel „live sollen die der O-ber-ham-mer se/V-Gemunkel angestaut hat. Was machen die Shins damit? Sie hauen sie nicht gerade her und über den Haufen, dafür sind die vier zu zurückhaltend. James Mercer ist die tendenziell schüchterne Art Bandvorstand, der den hellen Platz in der Bühnenmitte lieber dem schelmischen Keyboard-Hobbit Marty Crandall überlässt und dessen Spaße trocken kommentiert, ohne aber selbst groß das Wort zu ergreifen. Sehr konzentriert wirkt Mercer, immer die Gitarre am Feinstimmen. Vielleicht ist es diese leichte Anspannung – bei Band wie Publikum -, die den Auftakt etwas zäh geraten lässt. Irgendwo entlang des zweiten Songs „Kissing The Lipless“ macht’s aber Klick und dann wird’s von Song zu Song, von Drei-Minuten-Paket zu Drei-Minuten-Paket toller. „Young Pilgrims“, „New Slang“, „Pink Bullets“ – Kleinode, kompakte Preziosen. Die ruckende, zuckende Wuchtbrumme „Turn A Square“, das federnde „Pressed ln A Book‘ Zu Mäkeln findet man natürlich auch was: Wenn man so unglaubliche Harmoniegesänge baut wie in „St. Simon“, ist es eigentlich schon eine Straftat, die live einfach wegzulassen. Faultiere. Und so glasklar detailfroh und bestechend präzise wie auf den Platten perlen die Arrangements natürlich nicht von der Bühne. Und außerdem: Wo. bitte, war der Superhit „Fighting In A Sack“? Aber was soll’s, da sind ja 15 andere, und als der Hauptset vorbei sein soll, ist der Jubel so schier hysterisch, dass auf der Bühne gegrinst wird und sage und schreibe zwei Zugabensets kommen. Die Steelgitarre im country-sahnigen „Gone For Good“ spielt dann am Bühnenrand Chris Henrich von Scott Kannbergs Preston School Of Industry, die im Vorprogramm die Pavement School Of Indierock zelebriert haben. Tolle Musik und sympathische Leute auch hier. Aber kann sich noch jemand an einen Song erinnern? Die von den Shins summt das Großhirn jedenfalls noch am nächsten Morgen.