The Singles


Zunächst einmal diese Information: Aérea Negrot, Künstlerin/Sängerin aus Venezuela in (natürlich) Berlin, ist die neue Nomi bei Hercules And Love Affair. Ihre Twelf-Inch „All I Wanna Do“ (BPitch Control/Kompakt) soll uns auf ihr demnächst kommendes Album hinweisen. Fantasievoller, farbenfroher frühachtziger Disco-Funk mit exaltiertem Operngesang. So haben wir das gern. Efdemin macht aus dem Titeltrack in seinem Remix ein relativ puristisches Detroit-Dingens. Dass Aérea Negrot auch anders kann, zeigt der digitale Bonus Track: „Sing (All I Wanna Do“) ein verschachteltes House-Epos.

Die zweite Twelf-Inch des – nennen wir ihn – „umtriebigen“ Gavin Russom unter dem Namen The Crystal Ark. Das schön betitelte „The Tangible Presence Of The Miraculous“ (DFA) ist eine über 13-minütige Aufforderung zum Tanz. Percussiv, hypnotisch, flirrend, energiegeladen und beizeiten mit crazy Effekten wie schön herumpsychedelisierenden Keyboards bestückt. Plus: Gesang von Viva Ruiz und Lizzy Yoder (Ex-Fischerspooner).

Das disco-housige „Zusammen“ von Dance Disorder (Baby G und Robin Crafoord) wird auf der Twelf-Inch „Zusammen Remixes“ (BPitch Control/Kompakt) diversen Neubehandlungen unterzogen. Mr. G verzichtet auf Schnickschnack zugunsten einer techhousigen Straightness. Der Remix des italienischen Duos Discodromo ist näher am Original und funkelt schön wie eine Spiegelkugel.

Wir unterbrechen das elektronische Tanzvergnügen für einen kurzen Moment des souligen Tanzvergnügens. Bei The Diplomats Of Solid Sound Feat. The Diplomettes handelt es sich um eine achtköpfige Band aus Iowa City. Die Seven-Inch „Hip Drop/I’m Blue (The Gong Gong Song)“ (Stag-O-Lee/Indigo) hat zwei Coverversionen, die A-Seite stammt im Orginal von The Explosions, die B-Seite von The Ikettes (um den Frauenfreund Ike Turner). Das macht in der Summe ohrwurmigen Retrosoul mit allem was dazugehört, Hammondorgeleien, crazy Saxofonen und exaltierten Frauengesängen.

Sie wissen schon: Juan Atkins, der „Godfather Of Detroit Techno“. Model 500 war sein Vehikel dafür. Neue Inkarnation der Band – featuring „Mad“ Mike Banks (Underground Resistance) und Mark Taylor – und erste Single seit elf Jahren. „OFI/Huesca“ (R&S). Das ist funky, electro-infizierter Techno, der ziemlich tagesaktuell klingt. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass die Mitbewerber von Model 500 mit ihrer tagesaktuellen Musik so retro ausgerichtet sind.

Versponnener, psychedelischer Electropop mit Flötenloops und jazzigem Schlagzeug straight outta Prenzlauer Berg. Das ist „Since We Last Met“ (DFA) von NDF, dem Projekt von Bruno Pronsato (bürgerlich: Steven Ford) und Sergio Giorgini (Benoit & Sergio). Ricardo Villalobos streckt das Original in seinem Remix auf die Länge von 17 Minuten und verwandelt den Track – wie immer halt – in seinen eigenen, mit mikroskopischen Sounds, die sich verschieben und verlagern und diesen eigentümlichen Villalobos-Groove erzeugen.

Berlin (ausnahmsweise): Barbara Panther, in Brüssel aufgewachsene Musikerin, mit ihrer EP „Empire“ (City Slang/Universal), eine Mischung aus Lene Lovich, M.I.A., Kate Bush auf Designerdrogen und Björk in nicht ganz so artsy-fartsy nervig. Elektronische Musik zwischen Avantgarde und Pop, mit Dubstep-Referenzen, Breakbeats und anderen erwartbaren Unerwartbarkeiten.

Wo wir gerade von Dubstep schrieben. Scuba, der Chef von Hot Flush Recordings, steht auch für eine Technoisierung von Dubstep. Hier kommt er mit der zweiten Single aus seinem als sensationell empfundenen zweiten Album TRIANGULATION, „Three Sided Shape/Latch“ (Hot Flush Recordings). Mehr Techno, mehr Abstraktionen auf dem Remix des Albumtracks „Latch“von Will Saul & Mike Monday. Die Grenzlinien verwischen. Und das ist gut so.

Mit seinem Debütalbum hat das italienische Duo We Love vergangenen Monat ein bisschen Italo-Disco-Ambiente ins Universum des Berliner Labels BPitch Control gebracht. Johnny D konterkarriert auf „Underwater/Hide Me Remixes“ (BPitch Control/Kompakt) die Stimmung von „Underwater“ mit einem ordentlichen Maß Düsterheit. BPitch-Control-Labelchefin Ellen Allien dagegen zerlegt den Originaltrack „Hide Me“ und baut aus seinen Ruinen einen monolithisch herausragenden Dance-Track, der sich weder vor kompletten Stilbrüchen noch vor weirden Soundeinlagen scheut.