The Tubes


Den "Rock-Pop"-Machern wurde heiß und kalt, als sie die neue Show der kalifornischen Rock-Komödianten aufzeichneten. "Sex & Crime" ist natürlich wieder ein Hauptbestandteil ihres Programms, aber auch "E. T." bekommt diesmal sein Fett ab. Für ME/ Sounds kommentiert Sänger Fee Waybill das Spektakel.

Sag mal, ist ,E.T.‘ bei euch auch richtig bekannt?“ „Dock den kennt hier jeder. “ Fee Waybill, Tubes-Sänger und Hauptakteur, lehnt sich beruhigt zurück, meint. „Cut so!“

Eigentlich hätte mir in diesem Moment klar sein müssen, was sich nur wenige Stunden später in der Dortmunder Westfalenhalle ereignen sollte. Zwei Tänzerinnen mit sehr viel Bein und ein geiler „E. T.“ watscheln auf die Bühne – und während sich ein kosmischer Dreier anbahnt, stürmt Fee als Leder-Macho-Mann hinzu. Ergebnis, eine Schlägerei!

Und das alles auf einer Bühne vor jugendlichem Publikum, vor laufenden ZDF-Rockpop-Kameras. Sex, Crime & „E. T.“ – eine Mischung, die – so hofft Fee einfach aufgehen muß!

Denn bislang war es mit dem „Aufgehen“ bei den Tubes aus San Francisco immer so eine Sache. .. Vor vielen Jahren, als bei uns Nina Hagen noch unbekannt war, drang die Kunde von einer grellbunten, sarkastisch-plastischen Rockshow aus San Francisco bis nach Deutschland Die Tubes stellten auf der Bühne das Rock-Busineß auf den Kopf, hämmerten wild Klischees kaputt, brachten ihre Kritik an Konsumterror, Fernsehwahn etc. ohrenbetäubend laut vor, schockten so das prüde Amerika – und gewannen eine treue Anhängerschar, den Lorbeer der versammelten Kritiker, einen Platz im Rock-Olymp.

Nur – davon konnten sie nicht leben! Lorbeer macht nicht satt. Und die Produktionskosten für die Live-Show erfordert ganz einfach einen verstärkten finanziellen Ausgleich durch größere Plattenumsätze.

Und genau das klappte nicht. Zwar kamen die Fans gern und zahlreich zu der. Tubes-Auftritten, aber die LPs hingen wie Blei in den Händlerregalen. Kein Wunder, vermißten die Fans doch bei einer LP die Show, die zu den einzelnen Songs einfach dazugehörte Inzwischen hatte übrigens Nina Hagen, innerhalb kürzester Zeit Obermutter der bundesdeutschen Szene, mit einem Tubes-Titel Riesenerfolg: „White Punks On Dope“ wurde bei ihr zum „TV-Glotzer“ – und die Tubes damit wiederum etwas bekannter, nur. „Alle erzählen uns, wie bekannt , White Punks on Dope‘ bei euch ist ich habe davon nichts gemerkt.“ So wiederum Fee Waybill. Und das „davon nichts gemerkt haben“ bezieht sich einmal mehr auf die Finanzen. Drum wechselte man vor rund drei Jahren m den USA die Plattenfirma, setzte alles daran, es nun zu packen.

THE COMPLETION BACKWARD PRINCIPLE hieß die LP und die Show, aufwendig produziert, mit viel Medien-Resonanz dem Publikum vor rund zwei Jahren vorgestellt. In Deutschland kam die Show via Radio Bremen frei Haus, eineinhalb Stunden lang tobte sich die Bandim Fernsehstudio aus.

Auch wenn durch die „Beatclub/Musikladen“ eigene Auffassung von Regie, Kameraführung etc. einiges an Elan und Charisma der Band verlorenging, die „Completion Backward Principle“-Show war ein schlüssiger Beweis für die Vereinbarkeit von Qualität und Kommerz.

Ergebnis: Die LP stieg bis in die Charts auf, sowohl in der Bundesrepublik wie auch in den USA. Eine anschließende Tour festigte den Ruf der Tubes als Live-Erlebnis.

Dann eine Pause, die Vorarbeiten zur LP OUTSIDE INSIDE. „Wir wollten wiederum optimale Bedingungen. Keine Kompromisse – Mit der letzten LP schienen wir auf dem richtigen Weg zu sein. Zwar kein Superhit, aber immerhin ein deutlicher Fortschritt Drum wollten wir mit OUT SIDE INSIDE keine Fehler machen. Wir wollten unbedingt wieder David Foster als Produzenten – allem durch diesen Wunsch verzögerte sich die Produktion erheblich Und als wir dann endlich alles beisammen hatten, sagte unsere Schallplattenfirma Wartet noch zwei, drei Monate, dann ist der Zeitpunkt für eine Veröffentlichung günstiger „Und erneut wurde die Veröffentlichung mit einem werbewirksamen TV-Auftritt gepaart Diesmal kam das ZDF an die Reihe. Im Rahmen der „Rockpop in Concert“-Nacht starteten die Tubes ihr Feuerwerk aus Rock und Show.

Wird dabei nicht nur den Fans heiß? Wird nicht eventuell einigen Fernsehgewaltigen zu heiß?

Fee wiegelt ab. „Immer wird unsere Show auf Sex & Crime reduziert. Cut, wir haben Nummern, die sich mit Gewalt und Sexualität beschäftigen. Und deshalb stellen wir es auf der Bühne auch dar Aber wir haben auch jede Menge anderer Nummern.“

Richtig, da turnt Fee als hyperaktiver Sportler herum, becircen ihn weibliche Meerestiere, treten die Bandmitglieder als smarte Geschäftsmänner auf, gibt es sogar Nummern ohne jede Showeinlage.

„In der letzten Show habe ich eine Rede karikiert, stand bei einem Song hinter einem Rednerpult – und prompt, insbesondere m Deutschland, wurde das als politische Nummer interpretiert. Soviel hatte ich mir dabei überhaupt nicht gedacht. Ich glaube, es wird zuviel interpretiert. “ Schließlich wollen die Tubes nicht nur auch, sondern zuallererst unterhalten.

Und das gelingt ihnen blendend. Bei der TV : Aufzeichnung am 14. Mai traten sie kurz vor Mitternacht auf. Vorher hatten sechs andere Bands, von Ultra vox über Nena bis hin zu den B-52’s die rund 7000 Rockfans in der Westfalenhalle in Anspruch genommen.

Doch schon nach wenigen Tubes-Takten war im großen Rund der Halle von Müdigkeit keine Spur mehr. Eine brisante und rasante Fahrt durch die beiden letzten LPs der Band, hart, virtuos – Show und Musik stimmten auf den Punkt genau überein. Als grandioses Finale ein messerscharfes „White Punks On Dope“ mit Kiss-Karikatur.

Frage an Fee: Welche seiner unzähligen Bühnenrollen kommt denn seinem privaten Naturell am ehesten entgegen‘ „Ganz sicher nicht der brutale ,Mr. Hate‘! Ziemlich nahe hingegen der ,Mr. Sportsman‘. Sport ist für mich mehr als nur ein Hobby „

Mike Colton, Synthesizer-Spezialist und Ideen-Lieferant der Tubes, ergänzt: „Gäbe es hier in diesem Hotel irgendwo eine Tischtennisplatte, würde Fee jetzt mit dir kein Interview machen. „

Die Kondition eines durchtrainierten Sportlers braucht Fee wohl auch für die Show. Ständig ist er in Bewegung, wechselt Kostüme in Sekundenschnelle, tanzt zusammen mit den beiden Mädchen übers Bühnenparkett. Und wie geht der „Tanz“ für die Tubes weiter‘ „Hoffentlich erfolgreich! Wir möchten die Zuschauer wirklich nicht nur so einfach und auf die Schnelle abservieren, sondern ein einzigartiges Live-Erlebens bieten, eine spezielle Atmosphäre schaffen, die Zuschauer ganz m den Bann der Show ziehen, sie beteiligen. So wie auf dem Rummel oder auch beim Circus.

Am liebsten würden wir mit einem großen Zelt durch die Gegend ziehen. Das dann m den größeren Städten aufbauen und dort dann mit viel Drumherum länger gastieren. „

Ob er schon mal vom Circus Roncalli gehört hat‘ „Nein, aber erzähl’mal!“ Ergebnis: Fee will sich vor seiner Abreise in die USA noch unbedingt das Roncalli-Buch kaufen. Aufs Resultat dieser Lektüre dürfen wir gespannt sein.