Them Crooked Vultures: Daves Dream-Team


Nach 14 Jahren zieht Dave Grohl einen vorläufigen Schlussstrich unter die Foo Fighters. Für seine neue Garagenrockband Them Crooked Vultures rekrutierte er die Wunschkandidaten John Paul Jone (Led Zeppelin) und Josh Homme (Queens Of The Stone Age).

Them Crooked Vultures nennt sich deine neue Band. Was ist das für ein Gefühl, ein gemeiner Geier zu sein?

(lacht) „Ich glaube, dieses Projekt ist anders als alles, was ich bisher gemacht habe, einfach weil es zehn Monate lang völliger Geheimhaltung unterlag und weil die Idee dahinter war, meine absoluten Lieblingsmusiker zusammenzubringen und ein Projekt mit ihnen zu beginnen. Ich hätte nie an eine richtige Band gedacht. Ich hatte nur gehofft: Vielleicht können wir mal gemeinsam ins Studio und sehen, was passiert. Schließlich haben Josh und ich schon öfter darüber gesprochen, also seit SONGS FOR THE DEAF (drittes Album der Queens Of The Stone Age, bei dem Grohl Schlagzeug spielte – Anm. d. Red.). Und zwar weil wir gut zusammenarbeiten. Wir sind kompatible Musiker, alte Freunde, und wir ergänzen einander. Er schreibt großartige Riffs mit einem sehr individualistischen Sinn für Melodien und einem tollen Rhythmusgefühl, während ich ein Schlagzeuger bin, der seine Drums genauso bearbeitet wie seine Gitarre. Deshalb ist der Groove für mich mindestens so interessant wie die Melodie. Insofern sind wir uns sehr ähnlich.“

Angeblich hast du das Ganze seit 2005 geplant – es ist also nicht über Nacht passiert …

„Ich habe das mal vor vier Jahren in einem Interview erwähnt – und zwar zum Spaß, eben weil das meine persönliche Wunschbesetzung ist. Ich wurde gefragt: „Wenn du eine Band nach deinen Träumen besetzen könntest – wer würde da spielen?“ Und das hier ist mein Dream-Team. Schließlich bin ich als Led-Zep-Fanatiker aufgewachsen, und John ist mein absoluter Lieblingsbassist. Außerdem bin ich ein Riesenfan von Queens Of The Stone Age. Und als wir mit diesem Projekt loslegten, wusste keiner, wie gut wir sind – außer uns. Natürlich war es nur eine Frage der Zeit, bis das Geheimnis gelüftet würde. Aber so lange haben wir uns wie Spione gefühlt. Als ob wir Teil eines großen Geheimnisses wären, das kein anderer kennt.“

Hand aufs Herz: Genießt du es, einfach nur ein Drittel einer Band und somit nicht für alles verantwortlich zu sein?

„O ja, das ist toll. Ich liebe es. Und der Drummer in dieser Band zu sein, ist nicht viel anders, als bei Nirvana zu trommeln. Denn weißt du, wofür ich mein Mikro benutze? Für Backinggesang. Ich sage nichts, sondern sitze nur da im Hintergrund – wie der Torhüter. Ich warte einfach, dass etwas passiert. Und wenn das der Fall ist, muss ich gut sein. Andernfalls habe ich ein Problem.“ (lacht)

Sind Them Crooked Vultures die modernen Cream?

„Nichts lieber als das! Aber weißt du, was mich ärgert? Dass die Leute ständig den Begriff „Supergroup“ verwenden, wenn sie an diese Band denken. Was sich ja ganz einfach sagen lässt, nur: Was bedeutet das schon? Einfach ein Kollektiv aus Musikern, die schon mit anderen Bands erfolgreich waren! Mann, fast jede Band besteht aus Musikern, die schon in anderen Bands aktiv waren. Also: Was für ein Quatsch!“

Aber ihr drei habt nicht in irgendwelchen Bands gespielt.

„Stimmt – bei uns ist das vielleicht ein bisschen anders. Und sei es nur, weil John mal bei Led Zeppelin war.“

Wie hast du ihn dazu gebracht, wieder bei einer Band einzusteigen – etwas, das er seit dem Ende von Led Zep permanent abgelehnt hat?

„Ich habe ein Blinddate für Josh und ihn arrangiert. (lacht) Und das war ziemlich lustig. Nämlich bei der Party zu meinem 40. Geburtstag. Ich dachte, es wäre lustig, aus diesem Anlass in ein Restaurant namens „Medieval Times“ zu gehen ein mittelalterliches Themenrestaurant, wo man mit den Fingern isst und Wein aus Pokalen trinkt. Also richtig krank. Ich hatte John eingeladen – aber nicht erwartet, dass er auch kommt. Aber er ist gekommen. Und als ich das mitbekommen habe, habe ich sichergestellt, dass er direkt neben Josh sitzt – einfach weil jede Art von Unbehagen und Schüchternheit durch die Natur dieses lächerlichen Restaurants aufgehoben wurde. Und es hat funktioniert. Schon ein paar Tage später haben wir uns im Studio getroffen und einfach drauflos gespielt – ohne irgendwelche Vorgaben. So was ist ein echter Test für die Auffassungsgabe und Fähigkeit von Leuten. Es gab keinen Bandleader, sondern nur drei Typen, die zusammen spielten. Es war komplett improvisiert.“

Genauso klingt das Album auch wie ein einziger Jam …

„Und so sind die Songs entstanden. Wir haben uns morgens getroffen und gesagt: Okay, was sollen wir machen? Wer hat eine Idee? Und dann war es meistens Josh, der meinte: Ich habe da diese Sache – lasst uns damit rumspielen, lasst uns jammen! Das läuft dann wie folgt: Zuerst loten wir einen Groove aus, dann einen Riff, und sobald wir das gefunden haben, arbeiten wir das Ganze weiter aus, bauen noch eine Strophe, einen Refrain oder eine Bridge ein – und variieren das immer wieder. Bis wir an den Punkt kommen, wo es an einen Song erinnert. Oder auch nicht…“ (lacht)

Mit Texten, die sehr düster und bedrohlich anmuten, um es vorsichtig zu formulieren. Gerade „New Fang“, „No One Loves Me & Neither Do I“, „Bandoliers“, „Gunman“ und „Caligulove“ sind schon ziemlich heftig, oder?

(lacht) „Das könnte man so sagen. Es liegt daran, dass Josh eine düstere Seite hat, von der ich keine Ahnung habe, wo sie herkommt. Schließlich ist er in einer ziemlich netten Gegend aufgewachsen. Insofern bin ich mir nicht sicher, was mit ihm los ist. Aber während der Aufnahmen kam er zu mir und meinte: Hör dir diesen Text an, den ich gerade zu „Nobody Loves Me & Neither Do I“ eingesungen habe. Ist er dir nicht zu abgefuckt? Darauf ich: Nein, Mann. Ich höre Cannibal Corpse!“

Und wie läuft das, wenn Them Crooked Vultures im Konzert ihrem Publikum von Angesicht zu Angesicht begegnen?

„Wir rauben den Leuten die Jungfräulichkeit und schauen ihnen dabei direkt ins Gesicht. (lacht) Ihre Kiefer werden auf dem Boden hängen, und ihre Augen werden weit autgerissen sein, was extrem cool ist. Im Ernst: Es ist toll, die Erwartungen der Leute nicht nur zu erfüllen, sondern ihnen auch das Gefühl zu geben, sie seien ein Teil von etwas, das sie noch nie zuvor erlebt haben. Denn genau das ist es: etwas völlig anderes. Auf der anderen Seite: Das Album ist mittlerweile auf dem Markt, also kennen die Leute, die zu den Shows kommen, sämtliche Stücke. Was dann wieder ein ganz anderes Erlebnis ist. Wir machen einen Schritt nach dem anderen; mal sehen, was passiert, zumal wir ja noch andere Dinge am Start haben: Josh die Queens, ich die Foo Fighters, die erst mal pausieren, und John eine Solokarriere. Also: Wer weiß, was als nächstes passiert? Ich wurde neulich gefragt, ob ich das langfristig machen wolle. Ich sagte: Wer wollte das nicht? Mann, ich spiele hier mit meinen Helden! Wenn ich hinterm Schlagzeug sitze, dann zwar auch fürs Publikum, aber in erster Linie für diese beiden Jungs, denen ich damit etwas zurückgebe. Wer die Band auf der Bühne erlebt, der verstehst unsere Beziehung zueinander. Ich liebe es, Josh beim Spielen zu beobachten. Ganz abgesehen davon haben er und ich denselben Humor. Wir versuchen ständig, einander zum Lachen zu bringen. Er macht irgendeinen Blödsinn, den ich noch nie zuvor gesehen habe, und ich kann mich kaum beherrschen. (lacht) Dann komme ich an den Punkt eines Stückes, an dem es leise und sanft zur Sache gehen sollte – aber stattdessen prügle ich die Scheiße aus meinen Drums, härter, als er das je zuvor gesehen hat, und dann muss auch er loslachen. Es ist die lauteste Show, die du je gesehen hast. Denn wir haben Hutch dabei. Ich weiß nicht, wie lange er schon Mixer bei den Queens Of The Stone Age ist – aber es ist laut. Laut und toll.“