Tom Jones: Das Auge des Tigers


"They never come back", heißt es im Boxsport. Im Showbiz dagegen gelten andere Regeln. Tom Jones, der Mann mit dem harten Schlag in der Stimme feiert gerade sein fünftes Comeback und erklärt im Interview, warum er immer wieder aufgestanden ist.

WAS MAN SICH MIT EINEM HAUFEN Geld doch für einen Haufen Scheiße zusammenkaufen kann. Sensationell. Ein Sammelsurium visueller Beleidigungen. Aber eben schweineteuer. Wir befinden uns in einer Suite des „Peninsula Hotel“ in Beverly Hills, und im „Peninsula Hotel“ hat man wirklich an alles gedacht. An ein überdimensioniertes Messingschild zum Beispiel, das links vom Miniatur-Whirlpool an die Wand geschraubt ist. „No Diving“ steht da drauf zu lesen, damit sich der teure Gast nicht mit einem Jauchzer kopfüber in den Whirlpool hineinstürzt. Drinnen gibt es zwar keine Verbotsschilder aus Messing, dafür aber Wasserhähne aus purem Gold, verchromte Waschbecken – und über dem mit Samt umrandeten Doppelbett eine Bordüre in weiß-blau: ein Stilleben Amsterdamer Grachten. Mit Troddeln drumherum, und wahrscheinlich mundgeklöppelt. Die Krönung der exklusiven Scheußlichkeiten allerdings ist eine Rolle Toilettenpapier, dezent verpackt in cremefarbenes Geschenkpapier, elegant drapiert auf dem Wasserspülkasten und obenauf mit einer Schleife verziert. Jawohl: mit einer Schleife. Schnell nachgeschaut, ob sich unter dem cremefarbenen Papier auch wirklich eine Klorolle verbirgt. Lieber noch eine Runde flanieren im begehbaren Kleiderschrank. Weil der so schön groß ist und so schön klimatisiert. Und für den Fall, daß man den Lichtschalter nicht schnell genug findet, steht neben dem Eingang zum Kleiderschrank eine metallene Stabtaschenlampe bereit. Doch bevor wir uns hier verirren – schnell wieder raus. Denn draußen vor dem Kleiderschrank, genauer im Nebenraum wartet Tom Jones. Und einen Tom Jones, den läßt man nicht warten. Wer nämlich im Lexikon unter „Womanizer“ nachschlägt, wird dort ganz sicher ein Bild von Tom Jones finden, Tom lones in getigerter Badehose. Heute aber zeigt er sich eher bedeckt, cremefarben, um nicht zu sagen: beige. Zumindest was die Farbe von Hose und T-Shirt angeht. Obenrum sieht Tom Jones (59) allerdings ein bißchen aus wie Roberto Blanco. Und manchmal rollt er auch so komisch mit den Augen. Aber das sind Äußerlichkeiten, das ist Frisurentechnik – und sobald er sitzt und spricht, merkt man: das ist ein ganz anderer, das ist ein toller Typ, dieser Tom Jones …

Mr. Jones, Sie erleben gerade Ihr viertes, fünftes, möglicherweise sogar das sechste Comeback. Was ist das für ein Gefühl?

Großartig, ich kann mich wirklich nicht beklagen. Ich bin gut in Schuß, ich hab‘ ne Menge zu tun und gestern beim Autofahren zum ersten Mal die gemasterten Songs vom neuen Album gehört. Das mache ich immer so, weil ich die selber noch besser kennenlernen muß. Und was die Sache mit dem Comeback angeht: kann schon sein. Obwohl ich ja nie wirklich weg vom Fenster war. Ich tue ja auch alles, um im Rennen zu bleiben. Ich muß immer etwas tun, das war schon immer mein Arbeitsprinzip.

Und was genau tun Sie?

Ich spiele zum Beispiel nach wie vor eine Menge Live-Shows: Las Vegas, Atlantic City, Australien, einfach auf der ganzen Welt. Normalerweise sind das so um die 200 Shows im Jahr. 1999 allerdings deutlich weniger, weil die Arbeit an dem Album die meiste Zeit gefressen hat. Und wenn ich nicht im Studio bin, versuche ich, möglichst oft ins Fernsehen zu kommen. Mein Duett letztes lahr bei den Brit Awards, als ich zusammen mit Robbie Williams gesungen habe, fallt auch in diese Kategorie.

Das heißt, Sie erschließen sich mit solchen Gastauftritten immer wieder neue Fans?

Natürlich. So ein Fernsehauftritt ist dafür prima geeignet. Da haben mich Leute wahr genommen, die vorher noch nie von Tom Jones gehört hatten. Lind sie fanden mich und das Duett mit Robbie klasse. Und damit war auch schon die Idee geboren, das noch mal mit ein paar mehr Leuten zu machen. Warum nicht ein ganzes Album in der An? Man darf ja nicht vergessen, daß ich so was ähnliches auch schon mal Ende der 80er gemacht habe, als ich mit The Art Of Noise den Prince-Song „Kiss“ gecovert habe Mittlerweile ist „Reload“, eine Platte mit 17 Cover-Versionen, die Sie mit 17 verschiedenen Duett-Partnern gesungen haben, auf dem Markt. Mit dabei sind unter anderem die Cardigans, die Manie Street Preachers, Cerys Matthews von Catatonia, Divine Comedy, Mousse T, Van Morrison und Portishead. Wie kam’s zu dieser bunten Zusammenstellung?

Die Line-up zeigt auf jeden Fall, daß ich ein Meister der Zusammenarbeit bin, oder? Es ist doch interessant, Leuten zuzuhören, die man so zusammen nicht erwartet hätte. Außerdem kriegen ein paar Musiker die Chance, etwas zu machen, was sie normalerweise nicht machen würden. Die Cardigans zum Beispiel: Ich weiß nicht, ob die sich alleine getraut hätten, „Burning Down The House“ von den Talking Heads zu covern.

Das mag sein. Aber wer hat nun wirklich bei der Auswahl mitgeholfen?

Nun, mein Sohn Mark – der auch mein Manager ist und ich haben oft und intensiv die Köpfe zusammengesteckt und noch öfter zusammen auf dem Sofa gesessen. Mark hat mir dann eine Menge Platten vorgespielt und mich gefragt, ob ich diese oder jene Band mag. Lind wenn ich eine gut fand, hat er eben den Kontakt hergestellt.

Welche Musiker kannten Sie denn, und welche waren neu für Sie?

Van Morrison hab ich in den GOern das erste Mal getroffen, er ist ja auch der einzige aus meiner Generation auf der Platte. Na ja, vielleicht noch Chrissie

Hynde, die so Mitte 40 ist, glaub ich. Aber alle anderen sind viel jünger, und die meisten kannte ich nur vom Namen her: die Cardigans, Divine Comedy, Portishead. Meine Landsleute allerdings waren keine Unbekannten für mich: Die Stereophonics, die Manie Street Preachers und auch Catatonia – ich hab‘ sie alle letztes Jahr kennengelernt, als ich ein paar Shows in Großbritannien gespielt habe.

„Baby, It’s Cold Outside“, das Duett mit Catatonia-Sängerin Cerys Matthews, ist besonders gut geglückt. Nicht nur, weil der Songtext perfekt ist, sondern auch, weil Cerys nicht nur Duettpartnerin ist – sie ist mit ihrer „Verdammt-viel-Frau-auf-einmal-Erscheinung“ gleichzeitig auch eine Gegnerin.

Einverstanden. Cerys und ich sind uns schon sehr ähnlich, und dann dreht sich der Song um einen alten Typen wie mich und ein junges Ding. Ich meine: Cerys ist gerade erst 30 geworden, ich könnte ohne weiteres ihr Vater sein. Aber der Text, der ist schon prima für uns: Er versucht sie zu halten, sie zu überreden, über Nacht zu bleiben, sie will nicht, aber eben nicht wirklich, eher halbherzig. Cerys mochte das Lied auch besonders, weil es etwas Natürliches wiedergibt. So was kommt ständig vor: Das Kaminfeuer prasselt, es gibt Drinks, es läuft klasse Musik, alles ist perfekt. Ein älterer Mann und eine jüngere Frau – eine Situation, die mir nicht ganz fremd ist.

Tom Jones, der elder statesman of womanizing!

Ja, definitiv. Und nicht zu vergessen: „Baby, It’s Cold Outside“. Jones gluckst sich ins Goldkettchen.) Haben Sie jemals über einen Rollentausch im Song nachgedacht? Sie singt „Baby, It’s Cold Outside“ und versucht ihn zu überreden – das würde doch eine neue Spannung in den Song bringen.

Kann sein, daß das eine neue Art von Spannung reinbringen würde. Aber sind wir doch mal ehrlich: h would be unusual, wenn sie mich zum Bleiben überreden würde. Das fand‘ ich nicht glaubwürdig: ein schönes Mädchen, das mit einem alten Mann die Nacht verbringen will, das ist doch ein Unding. Der Mann würde doch sowieso bleiben, da braucht’s doch keine große Überredungskunst.

Ist das mit Cerys der Beginn eine wunderbaren Freundschaft?

Sie kommt aus derselben Gegend wie ich, wir sind sozusagen Enten vom selben Teich. Auch wenn ich aus einer anderen Generation komme, wächst man anscheinend zu Hause in Wales immer noch so auf wie ich: Kids werden sehr früh in Pubs mitgeschleppt.

Cerys Matthews kokettiert ja ohnehin gerne mit ihrem Image, daß sie einen ordentlichen Stiefel verträgt und so manchen Mann unter den Tisch trinkt. Waren Sie mit ihr zusammen einen trinken?

Ja. Und ich muß anerkennen: Sie kann’s wirklich.

Noch einmal zurück zu „Reload“: Besonders ungewöhnlich ist auch die Zusammenarbeit mit Portishead. Hier die Musiker, die düstere, trippige Dope-Beats herstellen, dort Tom Jones, dem der Hedonismus seit fast 3s Jahren aus jeder Pore tropft.

Es stimmt schon, daß das normalerweise nicht zusammen passt. Aber erstens wollten Portishead schon länger etwas mit mir zusammen machen. Und zweitens hab ich ja vorhin schon gesagt, daß so was sehr spannend ist, und beide Seiten davon profitieren: „Motherless Child“ hat sein ursprüngliches, düsteres Arrangement behalten, und ich singe es sehr kraftvoll – und dadurch lebt der Song auf eine andere Art.

Es sind zwar ausschließlich Duette drauf, aber es ist doch eine Tom-Jones-Platte, oder?

Absolut. Das war aber von vornherein klar: Wir wollten Songs machen, die ich gut singen kann, an die sich die Leute gerne erinnern und sagen: Wow, schön, daß er sie aufgenommen hat.

Sie mögen es, „schwere Songs“ zu singen. Was bedeutet das in bezug auf „Reload“?

Diese Lieder zeigen, was ich für eine Stimme habe, es sind Songs, die meine Stimme in vollem Umfang fordern und beweisen, daß ich sie so dehnen kann wie kein anderer. Ich brauche Songs, die mich von der Melodieführung her fordern und die mir die Chance geben, nach mir zu klingen. Die Leute sollen sagen: Alles klar, das ist Tom Jones!

Das klingt nach Leistungsschau…

… oder einfach danach: Meine Stimme ist meine Waffe. Sie ist wie ein Boxer, der einen Knockout-Punch hat. Er kann den Kampf auch ohne diesen Schlag zu Ende bringen, aber er wartet immer auf die Gelegenheit, es – peng! – schnell und intensiv zu machen. Meine Summe ist wie der Knock-out-Punch, sie ist immer da, und bei Bedarf setz‘ ich sie halt ein.

Haben Sie eigentlich jemals bedauert, kein Songwriter zu sein, sondern immer nur die Kompositionen anderer zu interpretieren?

Wenn ich Songs singe, kann ich schon eigene Ideen einbringen – „Reload“ ist das aktuelle Beispiel dafür. Trotzdem wünschte ich manchmal, daß ich mit dem gleichen Talent, mit dem ich Songs singe, auch welche schreiben könnte. Aber das ist mir nun mal nicht gegeben, und ich sehe keinen Sinn darin, lasche, halbgare Songs zu komponieren. Andere können gute Songs schreiben, ich kann gute Songs raushören und sagen: Ja, den will ich singen. Damit bin ich immer gut gefahren.

Das klingt jetzt nach einem reichlich entspannten Verhältnis. Sind die diversen Studio-Sessions für „Reload“ auch so unkompliziert abgelaufen?

Was mich angeht, schon. Mit den Cardigans habe ich in Malmö aufgenommen, weil die immer in Malmö aufnehmen. Kein Problem, das ist mir schnurzegal, bin ich halt dahin gefahren. Manche Sänger wollen eine bestimmtes Studio, weil da eine gewisse Atmosphäre herrscht. Mir ist das gleich, wir nehmen doch nur da auf, das ist wie zur Arbeit gehen. Solange ein Mikro da ist und ich die Texte vor mir hab, stülpe ich mir die Kopfhörer über und dann – bang! – mach‘ ich’s einfach, mehr brauche ich nicht.

Und wer von Ihren Duett-Partnern hat die Sache nicht ganz so locker gesehen?

Na ja, Heather Small von M-People wollte nicht, daß der Produzent sie durch die Scheibe vom Nebenraum aus anguckt – also hat sie ein schwarzes Tuch vors Fenster gehängt, weil sie ganz bei sich selbst sein wollte, wenn sie aufnimmt. Aber das kann ich akzeptieren. Wenn es den anderen gut geht, geht’s mir auch gut. Obwohl ich kein schwarzen Tücher brauche.

Es gibt allerdings schon ein paar Dinge, bei denen es auch für Sie kein Wenn und Aber gibt. Ihre Bühnen-Garderobe zum Beispiel, da gibt’s doch gewisse Regularien.

Logisch. Wenn ich auf die Bühne gehe, achte ich nach wie vor auf Stil. Die Hosen dürfen keine aufgenähten Taschen haben, das trägt unnötig auf. Und natürlich müssen sie schwarz sein, weil ich auf der Bühne arbeite und dabei viel schwitze – und alle anderen Farben ändern sich, wenn man schwitzt, schwarz nicht. Farbige Hemden, okay, das geht schon mal, aber niemals Hosen.

Eine solche Konsequenz im Dresscode, gepaart mit 35 Jahren im Showbiz – bekommt man dafür von der Queen einen Orden?

Um genau zu sein: Ich habe im Frühjahr den „Order of the British Empire“ in der Sparte „Singen und Entertainment“ verliehen bekommen.

Und was hat die Queen zu Ihnen gesagt?

Da muß ich genau überlegen. Ja genau, so wars: „Mr. Jones, Sie haben vielen Leuten viele Jahre lang viel Freude bereitet und sie gut unterhalten.“ Lind da habe ich gesagt: Majestät, ich konnte die Leute so lange unterhalten, weil ich selber immer eine Menge Spaß dabei hatte. Dann habe ich mich artig bedankt, und das war’s dann – wir sind nicht familiär geworden.

Der Orden von der Queen, mit „Reload“ ein Album, das ebenfalls eine Ehrung ist, die Single „The Ballad of Tom Jones“, mit der Sie von der Band Space und Cerys Matthews gebauchpinselt wurden – das war’s noch lange nicht mit den Lobpreisungen für Tom Jones. Stimmt. Da gab es außerdem einen Special Award, den ich im Januar dieses Jahres erhalten habe. In Wales haben sie allen Ernstes eine Diesel-Lok nach mir benannt. Ich war sogar bei der Taufe in Cardiff dabei, und ich find’s sehr okay, daß jetzt ein Zug mit dem Schriftzug „Tom Jones“ durch meine Heimatstadt Pontypridd rollt.

Überhaupt haben Sie ja nach wie vor ein inniges Verhältnis zu Ihrer Heimat.

Ja, aber ein patriotisches. Auf kein Fall ein nationalistisches, wie Sean Connery zu seinem Schottland. Ich möchte schon, daß Wales weiterhin zu Großbritannien gehört. „United we stand, divided we fall“, ist da mein Credo. Ich glaube nicht an Separatismus. Ich mag es, Waliser zu sein, aber du kannst dich in diesen Zeiten in Europa nicht mehr abspalten – und das ist auch gut so.

Was ist sonst noch „gut so“ heutzutage?

Daß sich seit den 60ern nicht viel im Showbiz geändert hat.

Wie bitte?

Na gut, die Leute sind älter geworden, ein paar sind sogar gestorben. Ich vermisse meinen Freund Elvis, Dean Martin, Frank Sinatra. Aber die Studios, die sind grundsätzlich dieselben geblieben, wenn auch mit mehr Sound-Möglichkeiten. Ich als Performer singe aber immer noch ins gleiche Mikro, für mich als Sänger hat sich gar nichts geändert. Und wenn ich auftrete, stehe ich vor der Band, und das Publikum steht vor mir. Und das Mikro, das halte ich immer noch in der linken Hand.

Aus traditionellen Gründen?

Nein, aus praktischen. Ich bin Rechtshänder, also kann ich mich mit der rechten Hand besser ausdrücken. Große Gesten kann ich mit links nicht machen – und ich liebe es, mich auszudrücken.

Noch einmal zurück zu Robbie Williams: Ist das ein Sänger, der Sie beerben, ja vielleicht sogar Ihr Nachfolger werden könnte?

Schon möglich. Er ist auf jeden Fall einer von denen, die das Zeug dazu haben. Hey, er war einer von Take That, und er hat danach auf jeden Fall bewiesen, daß er ein Individuum ist. Heute ist er ein Popstar, und manchmal erinnert er mich an den jungen Tom Jones. Er hat denselben Enthusiasmus wie ich, er ist kein Angsthase, er macht es immer auf seine Art und vor allem: Er macht es immer so, wie er es gerade im Moment für richtig hält.

Manchmal denkt er aber auch, daß er die Hosen runterlassen und dem Publikum dann seinen Hintern präsentieren muß.

Zugegeben: So etwas habe ich nie gemacht. Ich war immer Gentleman, durch und durch. Aber mein Gott, die Zeiten haben sich nun mal geändert, und da ist Robbie eben nicht wie ich. Er ist auch definitiv alberner, als ich es je war. Er kaspert viel und gerne herum, und dabei ist er großartig. Wir beide kommen gut klar miteinander, er sagt geradeaus, was er denkt, ich mach das auch – und vor allem sitzt er nicht blöde rum und sagt: „Lieber Himmel, bin ich heute wieder depressiv, was soll ich bloß als nächstes machen? Ach, bleib ich erst mal hier sitzen.

Robbie Williams ist also ganz nach Ihrem Geschmack?

Ja, weil dieser Junge eben all das verkörpert, für das auch ich stehe. Wie gesagt: Die Sache erledigen bamm bamm (Tom Jones klatscht wuchtig in die Hände …), das ist es.

Wenn Sie heute Ihren ersten großen Hit – „It’s Not Unusual“ – singen, was empfinden Sie dabei? Langweilt Sie der Song denn nicht inzwischen?

Überhaupt nicht. Wenn ich ihn singe, denke ich immer daran, wie’s damals war, als alles anfing – und das ist ein gutes Gefühl. Außerdem ist „It’s Not Unusual“ ein Song, den die Leute am Leben halten. Wenn ich auf der Bühne bin und eine Reaktion kriege, ist das immer noch eine große Sache für mich. Ich liebe es, eine Reaktion zu kriegen, ich bin abhängig davon. Genauso ist es übrigens auch bei „Delilah“ – das sind zwei Songs, die auf der Bühne noch nie versagt haben.

Und deshalb mögen Sie auch „Delilah“ noch?

Ganz genau. Aber der Song begeistert mich auch deshalb noch immer, weil er nun mal so ist, wie er ist. Wie der allein schon losgeht (Tom lones sitzt im Sessel und schmettert den Song-Anfang): dam-dam-dam-dam-damdam … und dann kommt mein De-li-lah“.

Stichwort Las Vegas. Sie haben dort immer als eleganter Macho charmant mit den Frauen im Publikum parliert und sollen hin und wieder auch Champagner aus Damenschuhen geschlürft haben.

Das mit dem Champagnertrinken aus Schuhen ist eine Episode in meinem Leben, die endgültig vorbei ist. Aber wenn’s gewünscht wird, dann spreche ich natürlich noch mit den Frauen.

Das klingt, als ob das Altern für Sie kein Problem wäre.

Ist es auch nicht. Solange ich singen kann, die Leute meine Platten hören und zu meinen Konzerten kommen, ist alles okay. Anders sieht das garantiert aus, wenn ich hinfallig werden sollte und meine Stimme brüchig wird – ich hoffe, daß das noch eine Weile dauert. Bis ich vielleicht so müde bin, daß ich von mir aus sage: Gut, Leute, das war’s.

Sie haben einmal gesagt, daß schöne Frauen und gute Songs die beiden wichtigsten Ziele sind, nach denen Sie streben. Gilt das noch?

Im Grunde schon. Wer immer die Redewendung „Wein, Weib und Gesang“ geprägt hat, war ein cleveres Kerlchen. Auch wenn ich die heute ein bißchen abändern würde: Gesang, Wein und Weiber – das ist jetzt die richtige Reihenfolge für mich. Und natürlich ein gute, handgerollte kubanische Zigarre.

Aber weibliche Fans werfen doch noch immer Slips und BHs auf die Bühne.

Klar, das ist immer noch so und wohl so was wie ein liebgewonnenes Ritual. Und solange es den Ablauf auf der Bühne nicht stört, find‘ ich das okay. Aber erst kommen die Songs, die Musik und vor allem meine Stimme, dann erst die Untejwäsche.

Von Boygroups hört man ja immer wieder, daß die Geschwader an Teddybären, die auf der Bühne landen, hinterher angeblich in Kinderheimen abgeliefert werden. Was passiert mit den Höschen?

Eigentlich werfen die Ladies ihre Wäsche ja nur, um sie hinterher zurückzukriegen. Hauptsache, ich hab‘ mir damit zwischendurch den Schweiß von der Stirn gewischt. Sie wollen einfach den Schweiß von Tom Jones, und ich denke, nach der Show stehen sie in einer Reihe vor der Bühne an und klamüsern ihre Wäsche wieder auseinander. Aber so genau weiß ich das nicht, ich bin ja dann schon weg.

Mal abgesehen von Tom Jones Schweiß in der Unterwäsche von vielen Frauen – was soll noch übrig bleiben, an was sollen sich nachfolgende Generationen erinnern, wenn sie den Namen Tom Jones hören? An einen bestimmten Song?

Nein, nicht an einen bestimmten Song, lieber an das große Ganze. Die Menschen sollen sich an meine Stimme erinnern und an die Art, wie ich diese Stimme eingesetzt, wie ich mit ihr gearbeitet habe. Meine Stimme ist mit Abstand das Wichtigste an mir – sie ist es, was noch lange in Erinnerung bleiben soll. Für mich ist es immer noch eine faszinierende Sache, daß man Songs aufnehmen kann. Die sollen die Leute dann auflegen und sagen: Hey, so war Tom Jones.