Travis München, Zenith


Die Rückkehr der Niedlichen: Jetzt neu mit Aufruf zum Weltfrieden (und wer hätte das nun wieder erwartet?!

Es gibt Konzerte, da ist man ganz froh, wenn Schluss ist. Dann gibt es die, da freut man sich, wenn sie noch ein bisschen dauern und ist am Ende zufrieden. Und dann gibt es Konzerte, da wünscht man sich, sie würden annähernd ewig weitergehen. Es muss doch was bedeuten, dass die von Travis eigentlich immer zu den letzteren zählen.

Heute ist schon wieder so ein Abend, sogar hier im hässlichen, hässlichen Zenith. Das fängt schon mit dem Support Athlete an, einer der feinsten neuen Bandsaus England. Die spielen in ihre eckig federnden Popsongs auch mal ein Theremin-Solo rein, was nicht clever-clever sein soll, sondern offensichtlich einfach dem natürlichen Spieltrieb dieser vier Turnschuhtypen entspricht. Man ist schon vorgewärmt für den warmen Regen, der folgt.

Nun ist es, das nur zum Verständnis, mit Travis und diesem Berichterstatter hier so, dass ich noch zu ihren Konzerten rennen und mir ein Bein abfreuen werde, wenn sie irgendwann 2014 mit Dodgy und Cast im Vorprogramm mit der „Legends Of Britpop Revue“ durch die Turnhallen ziehen. Ja, es ist wohl Liebe, die auch nicht durch die komische Baskenmütze zu erschüttern ist, die der neuerdings so grüblerische Fran Healy zu seinem neuen Markenzeichen erkoren hat. Freilich war er einem irgendwie lieber, der über beide Ohren grinsende, scheinbar so unbeschwerte Gutfühl-Missionar von früher, dessen vornehmstes Anliegen es war, seine Leute da unten zum Singen zu bringen. Damals bezichtigte man ihn der Weltfremdheit, heute werfen sie ihm seine Polit-Allgemeinplätze vor. Dabei ist es doch einfach immer erstmal was Gutes, wenn einer – wie Healy in der Ansage zu „The Beautiful Occupation“ – vor wie vielen Leuten auch immer ein paar Worte gegen Weltregierungsschweinereien formuliert. Vor allem wenn solche vertretbar Bono-haften Anwandlungen umwogt sind von einem Sonqkatalog wie dem, aus dem Travis schöpfen. Da ist kein Fehl, selbst die neuen Songs gleiten schon wie liebe alte Bekannte herein. Dazwischen das ganze herrliche Zeugs: „Driftwood“, „As You Are“, „Why Does It Always Rain On Me“, das gute alte „All I Wanna Do Is Rock“ (Flummimann Andy Dunlop klettert auf seine Gitarren-Box] und als letzter Song im Hauptset „Turn“ mit Bassist Dougie Paynes Gesangseinsatz zur zweiten Strophe.

Zum Auftakt der Zugabe macht Healy eben auch wieder so eine Nettigkeit mit der Option auf memorable Momente, auf die irgendwie nurTravis kommen – den Troubadour: Stellt sich mit seiner Akustikgitarre an den Bühnenrand und singt ganze ohne Mikro und Vestärkung „Flowers In The Window“ in die riesige Halle. Sogar die härtestgesottenen Mitklatscher schaffen es, drei Minuten ihre Pfoten im Zaum zu halten. Leider geht das Konzert dann nicht mehr annähernd ewig weiter. „Coming Around“, dann das als Abschluss-Hymnus gedachte „Peace The Fuck Out“ („We ‚d iike to dedicate this song to total peace. It’s SO achievable“, drängt Healy mit seinem treuherzigsten Hundeblickl, die Band geht von der Bühne – und bevor noch jemand „Zugabe“ denken kann, flashen auch schon die Saallichter an und fliegen steckerziehende Roadies auf die Bühne wie der schrille Werbeblock, der auf San den Abspann des großen Spielfilm-Epos wegknallt. Deppen, mit Verlaub. Dass es so enden muss? Dass es überhaupt enden muss?