TV-Tipp: Aufnahmezustand – mit CocoRosie, Little Dragon und Dillon


Da hat sich ein Spartensender vom ZDF aufgemacht, eine Reihe Musikaufnahmen zu dokumentieren, und es ist Großes dabei heraus gekommen.

Kristallklar klingt jedes Geräusch durch die Richt- und Studiomikrofone. Wenn die Künstler ihre Sets kommentieren, hört man den Speichel knacken, den sie beim Sprechen im Mund verschieben. Genauso klar und akzentuiert klingt das Klavier, dessen Hämmer einem bei der Aufnahme der Band Boy regelrecht in den Gehörgang knallen. Selbst der feinste Reverb-Effekt, der wohl sonst kaum wahrzunehmen wäre, ist auf einmal fast greifbar im Raum.

In dem ehemaligen „Funkhaus der DDR“ wurden Bands und Musiker für die ZDFKultur-Sendung “ Aufnahmezustand“ eingeladen, um jeweils innerhalb von zwei Tagen Songs aufzunehmen. In der ersten Folge, in welcher die Session von „The Asteroids Galaxy Tour“ stattfindet, wird der Zuschauer durch das alte Funkhaus geführt. Die ockergelben Wände, der Parkettbogen, die runden Flure, der charmant angestaubte 50iger-Jahre Futurismus – es herrscht eine faszinierende Atmosphäre, wie Sängerin Mette Lindberg bemerkt. Vielleicht „weil da so viele Tote umhergeistern (…)“.

Jede der sechs geladenen Bands schafft es, das Funkhaus mit einer ganz eigenen Atmosphäre zu füllen. Während bei der Asteroids Galaxy Tour alles glitzert und funkelt, vom vibrierenden Becken bis zum Shirt der Sängerin, findet im Gegensatz dazu bei Dillon und ihrem Partner Tamer Fahri Özgönenc eine düster-existenzialistische Session statt. Die Stücke der beiden sind geprägt durch einen eiskalten Synthesizer-Sound, der in dem frenetischen Wiederholen der Songzeilen nie seinen erlösenden Höhepunkt findet.

CocoRosie wiederum haben eine bunte Truppe, bestehend aus indischen Trommlern, mit in das Funkhaus mitgebracht, die überraschenderweise zusammen mit Folk- und Harfenelementen sehr harmonisch wirkende Klangteppiche entstehen lassen.

Die witzigste Session liefern zweifelsohne die Weirdos von Little Dragon, die laut eigener Aussage nicht so recht wussten, was für Instrumente sie eigentlich wollen. Also stellte man ihnen kurzerhand eine Steeldrum und Orgeln zur Verfügung, woraus spontan und mit bewundernswerter Leichtigkeit ein einzigartiger Sound entsteht, den es so nur einmal und nur in diesem Studio zu hören gibt.

Für das Format setzte man komplett auf Sängerinnen, was zwar ein interessantes Konzept ist; ernüchternd hingegen, dass Frauen in Bands immer noch auf die Rolle der Sängerin, man möchte nicht sagen: reduziert werden – aber es bleibt doch alles beim Alten, solange die Jungs weiterhin an Reglern und Gitarren sitzen.

Nichtsdestotrotz ist die Kuration sehr gelungen, alle Künstlerinnen verbindet der Mut zu Krach und Peng, zu starken, dynamischen Songs, bei denen auch mal mitwippen erlaubt ist, ohne dass es ins Banale abrutscht.

Mit „Aufnahmezustand“ wurde ein großartiges Stück Fernsehen gemacht, bei dem man Musik so hautnah erleben kann, wie es sonst selten möglich ist.

Die 6-teilige Reihe „Aufnahmezustand“ läuft ab 6. Oktober immer Samstags um 19 h15 auf ZDFKultur. Teilnehmende Künstler sind: The Asteroids Galaxy Tour, Little Dragon, Tu Fawning, Boy, Dillon und CocoRosie.

Regie & Produktion: Sven Haeusler

Hier der Trailer: