Twin Shadow und das Erbe der New Romantics


Die Morrissey-Schule: Große Gefühle und große Frisur. Twin Shadow aus Brooklyn kupfert aber nicht nur ab.

Haartolle, Matrosenstreifen und Casio Keyboard: Kaum glaubt man, dass nun endlich Schluss ist, nein, Schluss sein muss, mit den ewigen 80ern und ihren Fashion und Genre Revivals, besorgt es uns George Lewis Jr. mit einem heißen Aufguss, der den emotionalen Trockennebel in ein Dampfbad der Gefühle verwandelt. Als Twin Shadow bemüht der 26 Jährige aus Brooklyn hemmungslos den Morrissey, den Smith, den Gore und die gesamte Liga der New Romantics, belässt es aber nicht bei Zitat und Pose.

Seine Musik trieft vor Herzblut und zeugt von Eigensinn. So wie der lyrische Gehalt der Songs ist auch die Vita im Grenzland von Erfahrung und Fantasie angesiedelt. In der Dominikanischen Republik geboren zog seine Familie nach Florida, als Lewis Jr. ein Kind war. Dort lebte er von der Außenwelt isoliert zwischen „Sümpfen und Shopping Malls“, wie er in Interviews zu Protokoll gibt.

Mit 16 sei er auf einer Party als einziges schwarzes Kid unter lauter Weißen vom Ku Klux Klan attackiert worden. Kultur beschränkte sich auf das, was aus dem Radio kam. Das Sehnen und das Suchen waren ständige Begleiter im Teenage Wasteland. Dementsprechend kontrastreich sind die Töne auf dem Debütalbum ‚Forget‘. Resignation und Hoffnung wechseln im Minutentakt. Selten wurde in diesem Jahr so betörend von den kleinen und großen Katastrophen der Adoleszenz erzählt. Die 80er, sie werden wohl noch etwas länger dauern.

1984

– George Lewis Jr. wird in der Dominikanischen Republik als Zwilling geboren (deshalb der Bandname). Später emigiert die Familie in die USA.

2000er

– Lewis Jr. tingelt als Arrangeur und Komponist einer Theater Gruppe durch die Welt. Vorher hat er Gitarre in mehreren Punk Bands gespielt.

2008

– Nach einigen Europa-Aufenthalten und einer Zwischenstation in Boston lässt sich Lewis Jr. in Brooklyn nieder. Gründung von Twin Shadow. Chris Taylor von Grizzly Bear produziert und veröffentlicht das Debütalbum ‚Forget‘ (Terrible Records).