Wenn Songs heiraten


Als sich The Promise Ring vor zwei Jahren auflösten, hätte das ja fast niemand gemerkt. Gerade war man noch damit beschäftigt, sich zu fragen, ob wood/water, das betörend schöne letzte Album der Emo-Helden, denn überhaupt noch Emo sei, da kamen auch schon Maritime, die zu zwei Dritteln – Sänger und Gitarrist Davey von Bohlen, Drummer Dan Didier – aus The Promise Ring bestehen, aber noch viel weniger Emo sind. „I can’t live my life lilce a pop song anymore“, sang Bohlen auf ihrem Debüt Glass Floor, und das klang um so sehnsüchtiger, weil er hier zum erstenmal so richtige Popsongs geschrieben hatte.

Das dritte Maritime-Drittel ist übrigens Ex-Dismemberment-Plan-Bassist Eric Axelson. Eric lebt in Washington, über tausend Kilometer entfernt von Davey und Dan in Milwaukee, weshalb sich auch beim Zweitling We, The Vehicles ein beträchtlicher Teil der Arbeit außerhalb des Proberaums abspielte. „Wir sind immer noch eine E-Mail Band“, lacht Davey. „Dan und ich schicken Eric Gesangs-, Gitarren- und Schlagzeugaußnahmen nach D.C., er schickt uns Baßparts nach Milwaukee. Beider neuen Platte war das aber nicht mehr so extrem wie bei der ersten. Eric war von Anfang an in alles eingebunden. Und das macht viel aus. Er hat eine starke Persönlichkeit. Er ändert einfach alles, sobald er einen Raum betritt.“

Zu ändern, findet Davey, gab es musikalisch nach Glas Floor einiges. „Das Problem bei unserem ersten Album war ja, daß es eigentlich gar kein Album war. Die Songs begannen alle beim gleichen emotionalen Ausgangspunkt, drifteten dann aber in verschiedenste Richtungen auseinander. Bei der neuen Platte haben wir versucht,genau das Gegenteil zu machen. Die Songs feurigen zwar unterschiedlich, haben aber alle einen gemeinsamen emotionalen Fluchtpunkt. Man hat das Gefühl, sie sind füreinander bestimmt. Bei Glass Floor waren sie nur verheiratet.“

Mit seinen zarten Bläserarrangements und dem freundlichen Nicken Richtung Smiths und Housemartins war Glass Floor die ideale Sommerplatte für Leute, die sich auch Anfang Juni schon mal gern herbstliche Gedanken machen. Die lassen sich bei We, The Vehicles, das sich auf das gitarrenlastige Kerngeschäft klassischen Indie-Pops besinnt, gut fortsetzen. Was seine zwischen griffigem Sloganeering und kryptischen Bildern pendelnden Lyrics angeht, ist sich auch Davey von Bohlen selbst nicht immer ganz sicher, wie sie zu deuten sind. Zum Glück: „Ich mag es einfach, wenn Musik immer ein bißchen außerhalb meiner Reichweite bleibt. Sobald ich das Gefiihl habe, daß ich etwas komplett begriffen habe, wird es langweilig.“

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