Wo bleibt denn da der Respekt?


Keine Hemmungen bitte: Die Website Sleeveface.com ist auch deine internationale Gallerie für Alben-Albernheiten.

Mit Plattencovern kann man viele tolle Sachen machen: Man kann sie mit Lego nachstellen ( www.thetoyzone. com/20-album-covers-recreated-inlego), man kann sie verbieten ( http:// tinyurl.com/6362p4 ) und – im Namen der Kunst natürlich – ganz wild durcheinanderwürfeln ( www.uncle buzz.com/mashup.html und S. 112).

Am liebsten aber halten inzwischen Menschen auf der ganzen Welt Plattencover einfach vors Gesicht. Schuld daran ist Carl Morris, Chef der populären Website www.sleeveface.com . „Ich dachte eigentlich, dass das ganz schön kindisch ist – welcher vernünftige Erwachsene soll so was machen?“, sagt er. Inzwischen gibt es Tausende von vernünftigen Erwachsenen, die auf den zugehörigen Flickr- und Facebook-Seiten täglich eigene Beiträge uploaden – die Gallerien wachsen und wachsen. Angefangen hat alles ganz unschuldig:

„Wenn ich früher in Bars m Cardiff Platten aufgelegt habe, hab ich mir manchmal die Cover vors Gesicht gehalten – eigentlich nur, um die Leute zu nerven“, sagt Morris. „Dann haben Freunde Fotos davongemacht.“

Jeder kann kreativ werden – das Prinzip ist denkbar einfach. „Wie dein Gesicht aussieht, ist egal. Wenn du die Platte Mc Cartney II hast, kannst du Paul McCartney sein – ohne dass du den ganzen Horror durchmachen musst, der ihm gerade das Leben schwer macht“, erklärt er. Der große Durchbruch kam, als Morris mit seinen Freunden eine umfassende Video-Gebrauchsanleitung verbreitet hat. Der Film, der unterhaltsam und inspirierend ist (auch wenn ihn kein Mensch braucht), findet sich bei YouTube über das Suchwort „Sleeveface“.

Nicht wenige begreifen die Aufgabenstellung als Herausforderung – was passiert außerhalb der 31,5 mal 31,5 cm? Lässt sich das Motiv uminterpretieren? Ist der Rest von Billy Idol auf whiplash smile vielleicht mit dem Abwasch beschäftigt? Hat man Kris Kristofferson beim Rasieren fotografiert? Andere Körperteile (und Tiere) sind inzwischen übrigens auch erlaubt. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt – sofern die Plattensammlung groß genug ist. Regeln gibt es kaum bei Sleeveface.com, auf eines aber legt Carl Morris wert: „Es muss ein ,echtes‘ Foto sein. Bitte keine Photoshop-Tricks, die digitale Manipulation ist verboten.“