,,Zu schwarz, zu klein, zu dick, zu alt


Sharon Jones hat Jahre dafür gekämpft, endlich gehört zu werden. Es scheint, als wäre die 53-jährige New Yorkerin endlich angekommen.

„Manche nennen uns retro. Wir nicht! Wir sagen dazu: Musik, die zu deiner Seele spricht“. Sharon Jones beantwortet Fragen, die ihr gar nicht gestellt werden. Im Office von Daptone im New Yorker Stadtteil Bushwick stapeln sich die Vinyl-Berge ihres neuen Albums I Learned The Hard Way.

„Retro ist für mich, wenn heute irgendwelche 20-Jährige versuchen, den Sound der 60er und 70er Jahre nachzustellen. Ich dagegen öffne meinen Mund und es kommt genau der Soul heraus, wie er damals klang. Das bin ich. Und ich bin Soul“, sagt Sharon Jones. Das war schon immer so, nur wollte es früher niemand hören. Entdeckt wurde Jones übrigens im Kirchenchor ihres Heimatortes Augusta, Georgia.

Was folgt waren unzählige Jahre der Zurückweisung und Demütigung. „Mir wurde gesagt, ich wäre zu schwarz! Dann abwechselnd zu klein, zu dick und schließlich zu alt“. Jones erlebte die große Zeit des Soul und Funk von den hinteren Sitzreihen aus. In den 90ern wurde sie schließlich von jenen Leuten erhört, die heute das Kleinstlabel Daptone betreiben und sich auch in ihrer Band The Dap-Kings um den richtigen Vintage-Sound kümmern, den sich auch Amy Winehouse für ihr Album Back To Black überstülpen ließ. Mittlerweile ist jedoch auch Jones selbst auf dem besten Weg: Der New-Yorker-Popadel hat sich in die ungewöhliche Stimme der Sängerin aus Georgia verliebt: David Byrne, The National und Erykah Badu sind nur ein kurzer Auszug aus der Liste der Musiker, mit denen Jones in letzter Zeit zusammengearbeitet hat. Das Geheimnis ihres Erfolges: Jones besitzt die seltene Gabe, das Feuer eines Newcomers konservieren zu können. Ihr Soul klingt, als sei er nach 30 Jahren in Karbonit gefroren wieder aufgetaut worden. Mit den Dap-Kings hat sie darüberhinaus eine mehr als fähige Band im Rücken.

Sharon Jones ist angekommen. „Wir scheinen etwas richtig zu machen“, sagt sie abschließend, „und wir machen jetzt einfach so weiter“.

Albumkritik ME 5/10

www.daptonerecords.com