Der Unsinnsucher: So war die erste Folge von Olli Schulz‘ „Schulz In The Box“


Am Montag lief die erste Folge von Olli Schulz’ neuer TV-Show „Schulz In The Box“. Sie funktioniert trotz wenig wirklicher Überraschungen - dank Schulz als Erlebnisberichterstatter in der ersten Person.

Olli Schulz sucht nach neuen Lebensentwürfen. Sein eigener, so sagt der bald 40 werdende Musiker, Entertainer und Geschichtenerzähler gleich zu Beginn seiner neuen Sendung „Schulz In The Box“, sei vielleicht gar nicht der richtige für ihn. Nagetierzüchter, Fahrkartenkontrolleur, Trickbetrüger, Exhibitionist im Frankenland – möglich, dass seine wahre Bestimmung ganz woanders liege. Deshalb geht Olli Schulz nun der Beantwortung der Frage nach, wie andere Menschen leben und warum. Dass ihn die Dreharbeiten der ersten Folge „Schulz In The Box“ nicht weiter als nach Berlin-Friedrichshain bugsieren, soll für Schulz nur die erste von weiteren Überraschungen bleiben.

In der ersten Folge klettert Olli Schulz aus einer Holzkiste, steht irgendwo in Berlin und nach einem Telefonat mit Buddy Joko Winterscheidt vor der Wohnungstür fremder nackter Menschen. So geht das Konzept von „Schulz In The Box“: Sein Team verschifft ihn in eine möglichst ungewohnte Umgebung, Schulz muss sich für 24 Stunden inmitten anderer Lebensentwürfe zurechtfinden. In Berlin lebt Schulz seit Jahren, was soll das hier, fragt er sich, und wähnt sich bald doch in einer anderen Welt: Schulz ist zu Besuch bei „Fuck For Forest“, einer Gruppe von Umweltaktivisten, die sich als freizügige Kommune verstehen. Ihr Geld beziehungsweise die Spenden für den Regenwald verdienen sie durch Internet-Pornografie. Wer die selbstgedrehten Videos auf ihrer Homepage sehen will, muss einen Beitrag zahlen, umsonst schauen nur die, die selber mitgespielt haben. All das lernt Olli Schulz in den nächsten dokumentierten Stunden, in denen er mit seinen neuen Teilzeit-Freunden über deren Weltsicht diskutiert, nackt (die Aktivisten, nicht er selbst) vor einer McDonald’s-Filiale veganes Essen verschenkt und im Park nach einer neuen Geschlechtspartnerin für den norwegischen Gruppenchef von „Fuck For Forest“ sucht. Sowohl während dieser Szenen als auch während seiner eigenen Kommentare aus dem Off spürt man als Zuschauer ein Unbehagen in Schulz, dem sonst so Hemmungslosen. Nur einmal bricht er wirklich aus sich heraus: „Endlich Masturbation ohne schlechtes Gewissen“, lobt er das Geschäftsmodell von „Fuck For Forest“ unter schallendem Gelächter. „Das ist so, als ob Unicef YouPorn betreiben würde!“

Das Sujet, in das Olli Schulz da entlassen wurde, ist kein unbekanntes, die „Fuck For Forest“-Gruppierung wurde bereits von diverse Medien besucht. Zuletzt erschien gar ein gleichnamiger Dokumentar-Film. Auch das Format hat man so ähnlich so bereits gesehen: In „Wild Germany“ auf ZDFneo etwa ging Manuel Möglich ebenfalls dahin, wo sonst keiner hingeht – zu Pornodrehs, okkulten Sekten und zu Menschen, die sich bewusst mit dem HI-Virus anstecken wollen. Harter Tobak, journalistisch angegangen.

Diese Distanz soll, so wahrscheinlich die Idee der Sendungsmacher, Schulz total abgehen, und über einige Strecken funktioniert das auch. Wenn Schulz sich einlässt, wenn er Aktionen in Frage stellt oder lobt. Die Distanz aber bleibt – zum einen, weil Schulz nicht warm wird mit der Kommune und ihren Ansichten, vielleicht nicht mal mit seinem selbst ausgedachten Format, zum anderen, weil der Schnitt dafür sorgt, dass die gezeigten Szenen von Schulz sofort kommentiert werden. Das hat anfangs mehr von Privatfernsehen und Casting-Shows, als allen Beteiligten lieb sein kann – und sorgt im weiteren Verlauf doch dafür, dass die Show mehr ist als Olli Schulz, der auf die Menschheit losgelassen wird (oder umgekehrt). Bei Twitter lobte ein User gar die Tiefgründigkeit der Sendung, von der er im Vorfeld wegen irreführender PR des Senders nichts geahnt hätte. Bei Facebook hingegen schreiben User auf der Musikexpress-Seite, dass sie lieber zum achten Mal „Velvet Goldmine“ auf arte schauen als eingeklemmte Pimmel auf Pro7.

Warum „Schulz In The Box“ trotzdem funktioniert? Olli Schulz ist eigentlich immer dann am besten, wenn er Geschichten aus seinem eigenen Leben erzählt. Von seinen Handlanger-Erfahrungen als Roadie, von Konzerten in Freiburg, nachdem seine Oma starb, von der Scheiß-Musik der Böhsen Onkelz und der Bushido-Lobby, solche Sachen. „Schulz In The Box“ umgeht die Falle, Olli Schulz wieder nichts als Anekdoten erzählen zu lassen. Er widmet sich in seiner neuen Sendung wirklich dem Leben der Anderen, zumindest versucht er das. Aber er hat ja auch keine Wahl.

In den kommenden Wochen oder Monaten – nächsten Montag übernehmen erstmal wieder Joko & Klaas mit der zweiten Staffel „Circus Halligalli“ den Sendeplatz – soll Schulz unter anderem bei den Amish People und beim „Burning Man“-Festival zu sehen sein. Wie viele weitere Folgen von „Schulz In The Box“ derzeit geplant sind, verrät der Sender aber nicht. Die Entscheidung steht und fällt wie so oft mit dem messbaren Zuspruch der Zuschauer – und vermutlich mit dem Befinden von Olli Schulz selbst. Auch wenn der schlecht gelaunt immer noch besser und glaubwürdiger drauf ist als andere Fernsehgesichter, wenn sie gut drauf sind. Und das sind sie ja angeblich immer alle.

Die ganze erste Folge von „Schulz In The Box“ seht Ihr hier im Stream.