5 Fragen an Amanda Palmer


Die Sängerin der Dresden Dolls über wahre Freunde, bescheuerte Künstler, ihre Zeit als "„Zweieinhalbmeter-Braut" und ihren Produzenten Ben Folds.

1 Auf eurem neuen Album No, Virginia sind bislang unueröffentlichte Songs, B-Seiten, Demos und fünf neue Stücke versammelt. Warum so eine Compilation jetzt?

Wir wollten einfach mal aufräumen. Es gab dieses ganze tolle Material, das wir teilweise seit unseren Anfängen mit uns herumgeschleppt, aber nie veröffentlicht haben. Ich wollte mich beim nächsten Album nicht schon wieder fragen: „Nehmen wir ,The Kill‘ nun auf oder nicht?“ Das ist so ein großartiger Song (stimmt; die Autorin).Und, es passte auch zeitlich gut, weil am 16. September mein erstes Soloalbum (who killed Amanda palmer?) kommt und ich jetzt sagen kann: Jetzt ist das abgeschlossen, und weiter geht’s.

Auch wenn die Songs über einen Zeitraum von fünf Jahren entstanden, gibt es einen roten Faden: Die Problematik, echte Verbindungen einzugehen und aufrechtzuerhalten. Warum ist das heute schwieriger als früher?

Wir leben heute nicht mehr zusammen in einem überschaubaren Dorfjagen und fischen und setzen uns dann an einen großen Tisch zum Essen. Es ist alles viel unüberschaubarer, du hast 400.000 Freunde auf MySpace und lernst auf Tour viele Leute kennen – doch deine paar wirklichen Freunde verlierst du aus den Augen, weil du kaum noch Zeit hast.

2 Marlene Dietrich, die du verehrst, hat gesagt: „Es sind die Freunde, die du früh um vier anrufen kannst, die zählen.“ Ist dein Bandkollege Brian Viglione so ein Freund?

Absolut, ich könnte ihn zu jeder Uhrzeit anrufen und er mich. Wir sind wie Bruder und Schwester, er gehört definitiv zu den wichtigen Menschen in meinem Leben.

3 Euer Bandcredo ist „Hör auf deine innere Stimme und tu das, was dir gefällt“. Viele trauen sich das nicht. Warum ist es das Risiko wert?

Du solltest zumindest versuchen, das zu tun, was dich glücklich macht. Das muss nicht unbedingt etwas sein, womit du Geld verdienst. Du kannst auch gärtnern, das Haus deiner Eltern in Schuss halten oder eben Musik machen. Schau mich an: Ich arbeite mir den Arsch ab, bin fast nie zu Hause und alles andere als reich. Aber es wegen Kohle zu machen, ist der falsche Ansatz. Einige der glücklichsten Menschen, die ich kenne, führen ein wunderbares Leben – ohne klassische Künstletjobs, aber sie gehen alles kreativ an. Das sind nicht die Leute, die tönen „Ich gehe jetzt in mein Atelier und mache Kunst“. Viele von denen sind völlig bescheuert.

4 Du bist früher als „Die Zweieinhalbmeter-Braut“ in deiner Heimatstadt Boston als lebende Statue aufgetreten. Woran hast du die ganze Zeit gedacht?

Das ist so ähnlich wie beim Zahnarzt im Wartezimmer. Dein Gehirn wandert umher. Manchmal war ich sehr konzentriert und manchmal vollkommen weggetreten. Ich glaube aber, dass diese Erfahrung mich zu einer sehr guten Darstellerin gemacht hat. Wenn du die Straße überlebst, kann dich so schnell nichts mehr schocken… (lacht)

5 Anders war es sicher im Studio mit Ben Folds, der dein Soloalbum produziert hat. Habt ihr auf den Klavieren getanzt oder wie darf man sich das vorstellen?

(lacht) Getanzt haben wir nicht so viel, aber den ganzen Tag rumgegackert, weil wir beide unfassbar albern sind. Ich hatte aber vorher keine Ahnung, was für ein unglaublich guter Pianist er ist. Er kann einen Song spielen, nachdem er ihn nur ein einziges Mal gehört hat – und wenn er ihn interpretiert, klingt er auch noch viel besser. Das war eine Erfahrung, die mich demütig gemacht hat.

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