5 Fragen an Nina Persson


Die Frontfrau der Cardigans über das zweite Album ihres Nebenprojekts A Camp, den Zusammenhang von Kolonialismus und Liebe, pure Schönheit und ihren enorm vertrauenswürdigen Ehemann.

1. Euer zweites Album COLONIA ist viel emotionaler als das erste A-Camp-Album. Ich bin besonders angetan von den beiden pathosgeladenen, fast kitschigen Songs „Love Has Left The Room“, das an Abba erinnert, und deinem Duett mit Nicolai Dunger, „Golden Teeth And Silver Medals“. Wolltet ihr die Songs dieses Mal bewusst wärmer klingen lassen?

Ich glaube, ja. Ich will die Menschen immer auf der emotionalen Ebene ansprechen, sie zum Weinen bringen oder zumindest dazu, dass sie merken, dass hier etwas passiert. Du hast „Kitsch“ gesagt – damit habe ich überhaupt kein Problem. Ich liebe große Gefühle und große Gesten. Hauptsache, es geht nicht zum einen Ohr rein und direkt zum anderen wieder

2.Ihr bezeichnet eure Musik als „Powder Pop“ – was, bitte schön, darf man denn darunter verstehen?

Wir haben uns diesen Begriff ausgedacht, weil wir finden, dass er sehr schön beschreibt, was wir tun: Die Oberfläche ist glatt und perfekt, wie gepudert, man sieht etwas Schönes das heißt aber nicht, dass es tatsächlich dort endet. Wenn man tiefer reingeht, kommen vielleicht erschreckende Dinge zu Tage. Unsere Freundin Joan (Joan Wasser a.k.a. Joan As Police Woman, die auch auf COLONIA gastiert; Anm.) hat einmal gesagt: “ Beauty ist the new Punk. “ Ironie und Distanz haben jetzt schon so viele Jahre lang das Geschehen bestimmt. Sich dann hinzustellen und zu sagen: Hier ist pure Schönheit. Mir doch völlig egal, ob das jetzt besonders clever ist – das ist eine sehr erfrischende Sichtweise, finde ich. Echte Schönheit überdauert.

3.Apropos dauern. Es sind ganze acht Jahre seit dem A-Camp-Debüt vergangen. War ein zweites Album denn überhaupt je vorgesehen?

Es gab keine konkreten Pläne. Ich meine, wir hatten viel Freude daran, das erste zu machen, und da war immer dieses Gefühl: Wo das herkam, da gibt es wahrscheinlich noch mehr. Aber auf mich warteten The Cardigans, ein neues Album und eine Tour. Immer mal wieder saß ich aber mit Nathan (Lanon, ehemals Shudder To Think, Bassist, Songtvriter und Ninas Ehemann; Anm.) und Niclas (Frisk, ehemals AtomicSwing, Gitarrist, Songwriter) beim Essen, und wir sprachen über die Möglichkeit eines zweiten Albums. Nur: Die beiden sind viel beschäftigte Männer (lacht). Aber ich habe mich schon danach gesehnt. Und jetzt sind wir so glücklich damit. Niclas sagt sogar, nach einem Song wie „The Crowning“ können wir eigentlich nichts mehr besser machen — das wird auf unserem Grabstein stehen, haha! Wir sind aber auch sehr froh, dass wir die Verbindung zwischen dem geschichtlichen Kolonialismus, um den es vordergründig in vielen Texten geht, und dem Zwischenmenschlichen entdeckt haben. Es ist doch so: In Liebes- und Sexbeziehungen geht es immer auch um Konkurrenz, Irrationalität und Besitzdenken. Und da bietet die Geschichte eine Menge großartiger Bilder.

4. Grundsätzlich gefragt: Ist A Camp für euch so etwas wie eine Auszeit von eurem anderen Leben, in dem ihr Popstar (du), Produzent (Niclas) und Filmkomponist (Nathan) seid?

Ja, sicherlich. Wir haben ja auch alle schon sehr viel erreicht. Wir müssen das nicht machen, um Geld zu verdienen. Sondern, damit die Menschen uns lieben und schätzen, haha! Für mich ist das sehr entspannend, besonders in dieser Konstellation. Ich kann meiner Kreativität freien Lauf lassen, weil ich den Instinkten von Nathan und Niclas so immens vertraue. Ich weiß einfach, dass es am Ende gut wird. In dieser Umgebung, in ihrer Gesellschaft kann ich das Beste aus mir herausholen. Da gebe ich sogar meinen schlechten Ideen eine Chance.

5. Du hast schon deinen Ehemann erwähnt. Nathan Larson und du, ihr seid seit 2001 verheiratet, ihr lebt in New York, in Harlem zusammen und macht gemeinsam Musik – wie ist es, wenn Beruf und Privates so eng verzahnt sind?

Nun, wir lieben uns und verbringen eine Menge Zeit damit, zu Hause zu sitzen, DVDs zu gucken und Pizza zu essen, ganz genau wie andere Paare auch. Aber wir haben eben auch immer wieder dieses Bedürfnis, gemeinsam kreativ zu sein und Lieder zu schreiben, in denen wir wieder alles in Frage stellen, was wir instinktiv tun, wenn wir zusammen sind. Aber hey, wenn du dich näher für mein Privatleben interessierst, dann klick doch einfach mal auf www. allesuebernina.com! Haha!

Albumkritik S. 72

www.acamp.net