50 Jahre Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften


Die Bundesprüfstelle ist noch immer aktiv, aber längst nicht mehr so spektakulär wie in den 80ern.

Lang nichts mehr gehört aus Bonn. Mitte der 80er Jahre tätowierte sich die Behörde nachdrücklich ins Bewusstsein pubertierender Jugendlicher und bereicherte Pausenhofgespräche um die Begriffe „Index“ und „nicht jugendfrei“. Die Arzte hatten soeben ihr Album Debil veröffentlicht. „Claudia hat ’nen Schäferhund“ und „Schlaflied“ missfielen den Jugendschützern: pornographisch der eine, gewaltverherrlichend der andere, debil verschwand aus den Läden, und die Ärzte hatten ein (enorm kultförderndes) Problem : „Wir vussten gar nicht damit umzugehen“, erinnert sich ihr damaliger Bassist Hagen Liebing. „Wir waren ja nicht geübt im Indiziertwerden.“ Es fand sich eine Lösung, zumindest für Live-Auftritte: Entweder intonierte das Publikum die beanstandeten Texte, oder die Band besang statt Claudias Schäferhund eben mit Hohn und Spott die Bundesprüfstelle.

Weshalb die Behörde heute kaum noch in den öffentlichen Focus gerät, vermag Petra Meier, eine von nur zwölf festangestellten Mitarbeitern, nicht recht zu klären: „Wir haben konstant rund 600 Verfahren im Jahr. In vielen Fällen aber ist das nichts, was die breite Masse interessiert.“ Rechtsrock ist im musikalischen Bereich das häufigste Thema, mit dem sich das Gremium auseinandersetzen muss, das sich gemäß Jugendschutzgesetz nach pluralistischen Kriterien zusammensetzt: Vertreter von Kunst, Literatur, Buchhandel, Verlagen und den sogenannten „Telemedien“ (Internet, nicht TV) sitzen mit freier und öffentlicher Jugendhilfe, Lehrern, Kirchen und den Bundesländern an einem Tisch. Wichtig zu wissen: „Die Bundesprüfstelle kann immer nur auf Antrag tätig werden“, stellt Meier klar. Das Bild vom humorlosen Kraken, der seine Tentakeln von Bonn über der Republik auswirft und unliebsames Liedgut konfisziert, ist also nicht ganz richtig. Nur bestimmten Institutionen – etwa Jugendbehörden und der Polizei – ist es überhaupt gestattet, Anträge auf Indizierung stellen. Ein einzelner Moralapostel hat keine Chance.

Jüngst geriet der Rapper 50 Cent mit seinem Track „Stay Rieh Or Die Tryin'“ ins Visier der Jugendschützer. „Englische Titel sind eindeutig in der Unterzahl“, sagt Meier. 50 Cents Tiraden seien eigentlich „eindeutig indizierungswürdig“, erklärt sie, auf dem Index landete er trotzdem nicht: „Der Slang war so krass, da konnte man nicht von Verständnis sprechen.“

Chance verpasst: Die Bundesprüfstelle wäre endlich mal wieder Pausenhofgespräch gewesen. www.bundespruefstelle.de