Steve Hackett – Spectral Mornings

Das Wichtigste über Hacketts drittes Soloalbum war bereits im Mai-ME zu lesen. Allerdings scheint mir die dort aufgrund von vorab gehörten LP-Auszügen vertretene Meinung übereilt, daß „Spectral Mornings“ seine bislang stärkste Veröffentlichung sei. Die Platte ist wieder sehr gelungen, genauso wie Vorläufer „Please Don’t Touch“, aber eben weder besser noch schlechter. Was an der einen kompositorisch reiz- und gehaltvoller war, machen jetzt gewachsene Spieltechnik und dichter gewebte Atmosphäre wett. Die Schwachpunkte der vorliegenden LP nämlich liegen in der elegisch-langatmigen zweiten Seite, die sich bisweilen in wehmütigem 12-String-Geplänkel („Lost Time In Cordoba“) oder breitgewalztem Effektspektakel („Tiger moth'“) zu verlieren droht.

Ein gutes Stück pfeffriger ist da schon die buntschillernde erste Seite, die gewitzte Vaudeville-Anklänge mit Samba-Atmosphäre vermählt („Decomposing Man“) oder fernöstliche Instrumentalsplitter einstreut. Und die immer wieder den Balanceakt vollzieht zwischen kühlästhetischer Rockpower im urtypischen Genesis-Stil („Every Day“) und weichversponnener Romantik, wie sie auch Vorgänger und Kollege Anthony Phillips auf seinen Soloalben mit Vorliebe pflegt („The Virgin And The Gypsy“). Mit diesem Album spätestens darf sich Hakkett fest zur Creme des Kulturrock zählen. Und nach und neben Gabriel hat er den schönen Beweis dafür angetreten, daß Zellteilungen überlebter Monstergruppen nicht unbedingt eine Flut uninspirierter Soloaufgüsse nach sich ziehen müssen.