Roxy Music :: Avalon

Nun denn – ein neues Roxy Music-Album ist heute nicht mehr so viel Aufregung und Erwartung wert wie früher – und diese Erkenntnis ist auch keine neue. Ihre heutige Musik ist ein modisch-verbrämter Frank Sinatra-Ersatz für die jetzigen Erwachsenen, die noch die Staubwolken der Rockrebellion abschütteln müssen. Und in diesem Zwischenbereich der Haßliebe, der Vernunft und Traumwelt, des Nicht-Mehr-Zurückkönnens, aber auch Nicht-Mehr-Vorwärtsgehens, siedelt Roxy Music in einer melancholischen Halbwelt. Ich habe nicht die Texte dieser Platte vorliegen, aber dem Anschein nach beschäftigt sich Bryan Ferry weiterhin hauptsächlich mit seinem reinseidenen Ego, das hin und wieder von der Realität beschmutzt wird. Deshalb ist die etwas unwirkliche, sanfte Atmosphäre ja berechtigt.

Die mächtigen Disco-orientierten Intros scheinen den Pulsschlag der Außenwelt abzugeben. Und doch gibt es, bei aufmerksamem Hineinhören Interessantes zu entdecken: Natürlich erst einmal maßgeschneiderte Hits wie „More Than This“ oder der Titelsong „Avalon“, dann atmosphärische Retrospektiven wie „While My Heart Is Still Beating“ und „India“ und ein einziger wirklich origineller Einfall beim Arrangement in „The Space Between“, das tatsächlich diesen Zwischenraum akustisch vermittelt. Es wäre also unfair zu behaupten, daß Roxy Music schlechter geworden waren, aber sie sind auch nicht besser geworden. Aber wer hat das schon erwartet? Wer ihre Musik abends auf Dachterrassen zu exotischem Mixgetränk hört, den interessiert das reichlich wenig.