Laibach


Das Schauspielhaus (die einzige deutschsprachige Bühne, die etwas riskiert), trieb dem Bildungsbürgertum der Hansestadt wieder einmal die Haare zu Berge. Die Dada-Punk-Version des Shakespeare-Klassikers „Macbeth“, zu dem die slowenischen Klangsetzer Laibach den Soundtrack beisteuern, spaltet derzeit das Publikum in unversöhnliche Fraktionen. Die konservative Hamburger Presse beeilte sich, das Stück niederzumachen — trotz eines großartigen Titelhelden Ulrich Wildgruber, trotz Macht- und Schicksalsschwängernis, die von Laibach adäquat in mächtigen Klängen aufbereitet wird.

Anläßlich des Theaterereignisses wurde die Gelegenheit wahrgenommen, die slowenischen Hirsche auch in einem separaten Konzert röhren zu lassen. Das Flair besonderer Erwartung schwebte über dem vollbesetzten Barocksaal des Schauspielhauses. Beinahe meinte man, den Geist des größten deutschen Schauspielers, Gustav Gründgens, hinter den bluttriefenden Kulissen hervorlugen zu sehen. Schauspieler sind diese Laibächler allemal, und ihre Statements wirken wie ikonenhafter Kitsch. Von stoischer Schönheit ist bereits das monumentale, in der Bühnenmitte aufgepflanzte Hirschgeweih — das Wahrzeichen Laibachs. Den Einstieg in die Hirsch-Disco-Oper lieferte ein überdimensionaler Rübezahl-Heimatfilm aus den Alpen, zu welchem vom Band Judith Kens antifaschistische Kindererzählung „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ für Irritation sorgte. Schließlich wurde der Zuschauer einer schlau ausgeklügelten Dramaturgie überlassen, bei welcher es an theatralischen, pseudoklassischen (Lichtspiele, Kulissen, Trockeneis), kategorischen Imperativen wie “ Wer das göttliche Leben erlangen will, muß durch Blut, Feuer und Eisen gehen“ und totalitären Disco-Klischees nicht mangelte. Der Sänger, eine Kreuzung aus Ben Hur und mutiertem Rothirsch, fräste seine bellenden Kommandos in den Saal. Ein knapp eineinhalbstündiges Politspektakel, dessen Faszination sich kaum jemand entziehen konnte, fand in Laibachs Neufassung des Opus-Schlagers „Live is Life“ seinen dramaturgischen Höhepunkt. Danach wurde das Publikum ins Leben zurückentlassen.

Laibachs Musik ist nicht nett, biedert sich bei niemandem an, lebt mit Haß und Feindschaft, aber gerade das macht die Begegnung mit ihnen so interessant.