ME/Sounds Newcomer Party


Nachdem die erste ME/Sounds-Party mit ausschließlich deutschen Newcomerbands so gut anlief, stand natürlich außer Frage, daß es weitere Konzerte unter dem Motto ‚Hin & Hören‘ geben würde. Also ging es in fünf bundesdeutschen Großstädten mit drei internationalen Neueinsteigern weiter, umsonst versteht sich natürlich. Nachdem sich Taste Of Joy, Core und Naked bereits in Köln, Stuttgart und Leipzig beschnuppert hatten, konnten die drei Bands beruhigt aufspielen — sie wußten in etwa, was sie erwarten würde. Und das waren auch im Hamburger Logo wieder ebenso neugierige wie musikinteressierte Menschen, die richtig heiß darauf waren, möglicherweise das „next big thing“ bereits auf einer ME/Sounds-Party zu Gesicht zu bekommen — lange Zeit bevor die Bands ihren großen Durchbruch geschafft haben würden.

Dementsprechend motiviert gingen sowohl die Musiker als auch das Publikum an den Start. Eröffnet wurde der Abend von der kanadischen Formation Taste Of Joy. Die beiden Ur-Mitglieder Michele Gould und Corinne Culbertson hatten als neue und hoffentlich endgültige Verstärkung den Gitarristen Tod Fancy sowie den Schlagzeuger Sean Kilbride mit dabei. Die Zuschauer brauchten nicht lange, bis sie bemerkten, daß die zwei Ladies über einige Bühnenerfahrung verfügen und die bei Newcomern zu erwartende Nervosität oder Unsicherheit gar nicht erst aufkommen ließen. Die Herren der Schöpfung paßten sich dem ebenso professionellen wie spielfreudigen Arbeitspensum ihrer vitalen Mitstreiterinnen an, so daß die Vertreter des Ahornlandes schon bald die Zuschauerreihen mit ihrer fröhlich und kraftvoll vorgetragenen Mixtur aus Pop, Rock und Country zum Mitwippen animierten. Am Ende des gut 45minütigen Gigs war den ansonsten als unterkühlt geltenden Hamburgern bereits warm ums Herz, und die Leute freuten sich während der kurzen Umbaupause darüber, daß sie auf jeden Fall eine verdammt gute Band erlebt hatten und dafür keinen Pfennig dazubezahlen mußten.

Doch es sollte noch besser kommen. Das Schweizer Quintett Core überfuhr anfangs das noch im Geschmack des Glückes schwelgende Publikum mit seiner knallharten Darbietung alpenländischer Crossover-Power. Mit einer Liveaufnahme der Band im Gepäck dürfte Reinhold Messner demnächst die Gipfel der Achttausender ohne Training schaffen und das Sauerstoffgerät nur deshalb benötigen, weil ihm Core-Sängerin Sonja Heller samt Mannschaft den Atem raubt. Was auf dem Debütalbum ‚Transformer‘ noch halbwegs zahm und melodiös klingt, gerät auf den Bühnenbrettern zu beinharten Soundwänden, die so kompromißlos und schnell aufgebaut werden, daß es selbst in den echoverwöhnten Alpenländern keinen Widerhall mehr geben dürfte. Den gab’s dafür umso überschwenglicher vom Publikum in Hamburg, das sich im Strudel der lärmenden Gitarren und wummernden Baß/Schlagzeug-Kombi gegenseitig ans rettende Ufer zu ziehen versuchte. Doch auch das Schönste muß einmal vorübergehen, und Core ließen dampfende Hamburger zurück, die sich darüber einig waren, für diese Band beim nächsten Mal auch Eintritt zu zahlen.

Etwas abgekämpft lauschten dann die Leute dem Schwedenhappen Naked. Das Trio aus der skandinavischen Einöde mußte erst einige Songs ihres Debütalbums vortragen, bevor sich das Publikum auf die im Vergleich zu Core eher berechenbar wirkenden Punk-Popper eingestellt hatte. Als Absacker fungierend hatten Rickard, Thomas und Niklas keine dankbare Aufgabe zu erfüllen, zu aufgewühlt waren noch die Emotionen durch die fünf Schweizer zuvor. Trotzdem besannen sich Naked auf ihre Stärken und präsentierten ihre Songs wie auf Platte: Punktgenau und schnörkellos. Dabei spulten sie keineswegs schlicht ihre Studioproduktion herunter, sondern stellten klar, daß sie sich nicht auf ihrem Ruf als nordische Britpopper ausruhen wollen, auch wenn sie vielleicht gerne so viele Platten wie Oasis verkaufen möchten. Das Trio vollführte gekonnt einen Notenstriptease, der am Ende auch mit dem entsprechendem Applaus gewürdigt wurde. So endete ein gelungener Abend, der bewies, daß es auch im Bereich der handgemachten Musik noch einiges zu entdecken gibt.