Instrumentenkunde Fender Rhodes


Die Technik: Wer schon mal versucht hat, einen Steinway in den zweiten Stock zu hieven, weiß, warum es Klavierspediteure gibt: Männer so breit wie hoch, ausgerüstet mit Tragegurten. Das Fender Rhodes, ein elektromechanisches Klavier, verzichtet auf alles, was schwer ist, etwa den gusseisernen Rahmen, komplexe Hammermechaniken, dekorative Holzarbeiten und Kerzenleuchter aus Messing. Dafür sitzt an jeder Taste ein metallener Stimmstab, etwa einen Millimeter dick und wenige Zentimeter lang. Mit ihm verbunden ist ein Resonator, der dem Tonriegel eines Xylofons ähnelt. Drückt der Pianist eine Taste, versetzt ein Gummihämmerchen den Stimmstab samt Resonator in Schwingung, Letztere wird wie bei einer E-Gitarre per Tonabnehmer in elektrische Signale umgewandelt. Die lassen sich beliebig verändern und verstärken. Das Fender Rhodes gab es als stationäres Heimgerät mit eingebautem Verstärker und als mobile Bühnenversion, anschließbar an gängige Instrumentenverstärker. Das kleinste Modell, genannt Piano Bass und lediglich zur Tieftonbegleitung bestimmt, zählte 32 Tasten, das Luxusmodell 88. Am weitesten verbreitet ist die Bühnenausführung mit 73 Tasten.

Die Geschichte: Harold Rhodes (1910-2000),Techniker in Diensten der US Air Force, experimentierte im Zweiten Weltkrieg mit transportablen Klavieren. Bizarrer Sinn der Übung: Verwundete Soldaten, an Langeweile und trüben Gedanken leidend, sollten die Freude am Klavierspiel entdecken. Das Gerät hieß Xylette, ließ sich im Bett sitzend bedienen und wurde ab 1942 bis Kriegsende über 120.000-mal hergestellt, wofür Rhodes einen Orden bekam. Nach dem Krieg gründete er eine eigene Firma, wollte sein Piano in großem Stil vermarkten. Das Projekt schlug fehl, zudem kopierte die Firma Wurlitzer seine Ideen und entwickelte ein eigenes Instrument. 1959 schloss sich Rhodes mit dem E-Gitarrenmogul Leo Fender zusammen, der Rhodes‘ Erfindung technisch verfeinerte. 1965 erschien das „klassische“ Fender Rhodes Piano, das bis 1983 in diversen Modellreihen produziert wurde. Das Nachfolgemodell, von modernen Digitalpianos in Bedrängnis gebracht, konnte sich nicht durchsetzen. 1987gingen die Markenrechte an den japanischen Keyboardhersteller Roland, der unter dem Namen Rhodes Digitalpianos feil bot-zum Ärger von Old Harold, der 1997die Rechte zurückkaufte. 87-jährig kündigte er an, ein neues Piano zu entwickeln, konnte seine Pläne jedoch nicht mehr verwirklichen.

Die Anwender: Das Fender Rhodes klang nie wie ein echtes Piano, weshalb es nichts für klassische Musiker war. Dafür erfreute sich der typisch glockige, leicht zu manipulierende Klang unter Jazzern und Rockern größter Beliebtheit. Ob „Riders On The Storm“ (Doors), Radioheads „Everything In Its Right Place“, Chick Coreas“Spain““,Tombigbee“ (Tori Arnos), „Just The Way You Are“ (Billy Joel), „Senorita“ (Justin Timberlake), „You Are The Sunshine Of My Life“ (Stevie Wonder), „Angela“ (Bob James), „Shake A Tail Feather“ (Ray Charles), „Der Weg“ (Herbert Grönemeyer), .Also sprach Zarathustra“ (Eumir Deodato), Pink Floyds „Sheep“ oder „Roads“ von Portishead:Das Fender Rhodes gehört seit den 6oern zum Pop-Standardinstrumentarium. Emulierte Rhodes-Sounds tauchen in House und Techno auf, auch im Repertoire moderner Digitalpianos finden sich noch immer Rhodes-Klänge. Puristen schwören weiterhin auf die elektromechanische Variante, die auf dem Gebrauchtmarkt stattliche Preise erzielt.