Zufrieden waren The Stills mit sich selbst nie so recht – bis jemand die richtige Taste drückte


Rein zahlenmäßig haben die USA und ihre überbordenden Musikszenen von ihren Nachbarländern ja eigentlich gar nichts zu befürchten. Aber wehe, wenn sich ein paar von den 32 Millionen Einwohnervon Kanada musikalisch zusammenrotten – und am Ende gar noch gemeinsame Weihnachtsfeiern für die große Musikfamilie ausrichten.

„Wir versuchen das zu einer regelmäßigen Veranstaltung zu machen“, erzählt Dave Hamelin, der Sänger und Gitarrist der Stills. „Letztes Jahr mußte jeder einen lustigen Weihnachts-Sweater tragen. The Dears, Metric, Sam Roberts, die meisten Bandmitglieder der Stars und von Broken Social Scene, alle waren da. Denn schließlich gibt es in fast jedem Berufszweig und jeder Firma eine Weihnachtsfeier, und nachdem wir keinen ’normalen‘ Beruf und auch keine Firma haben, haben wir uns entschlossen, eine eigene Weihnachtsfeier auf die Beine zu stellen.“

Und daß man sich in Montreal nicht nur zum gemeinsamen lustigen Punschumtrunk und Geschenkeverteilen um den grünen Baum trifft, belegt die Gästeliste des zweiten Stills-Albums Without Feathers, auf der fast alle der oben aufgezählten Anwesenden zu finden sind.

Den 80er-Jahre-beeinflußten Breitwand-Rock ihres Debütalbums verorteten Pop-Geographen noch gerne in New York, der zweiten Heimat der Band – es gab Vergleiche (und sogar gemeinsame Tourneenl mit Interpol und Echo & The Bunnymen. Glücklich waren The Stills mit solchen Zuordnungen nicht sonderlich – aber auch nicht mit sich selbst: Hamelin berichtet von „zu vielen Meinungen von Managern und ähnlichen Leuten“, „dummen eheähnlichen Streits der Art. ‚Ich mag nicht, wie du die Erdnußbutter mit dem Löffel ißt'“ und von „der Angst, bestimmte Dinge einfach zu tun „.

Der Anstoß, etwas zu ändern, kam dann während einer Tournee mit Broken Social Scene. Liam O’Neil, bis dahin „nur“ Tour-Keyboarder der Stills. spielte zu Entspannung und Zeitvertreib in einer Hotelbar Rock-Klassiker auf dem Klavier. „Zuvor hatte er immer nur Synthi-Flöchen mit zwei Noten spielen müssen“, erzählt Hamelin lachend, „und als die Leute von Broken Social Scene ihn dort spielen gesehen haben, meinten sie: ‚Ihr müßt Liam unbedingt fest in die Band reinnehmen.‘ Das haben wir auch getan, denn wir haben uns gedacht, es wäre schon toll, unseren Songs mal eine andere Farbe zu geben. Und die Hammond-Orgel rockt einfach.“

Folglich klingt das neue Album der Stills im besten Sinne nach unaufgeregtem, klassischem Rock der 70er Jahre. „Ehrlich“, wie Hamelin meint. Und so amerikanisch, daß die USA sich vielleicht doch ein kleines bißchen fürchten sollten. Denn The Stills sind außerdem ja inzwischen zum Quintett angewachsen, Hamelin wurde vom Drummer zum zweiten Sänger, und er ist froh darüber, „denn jetzt stehen zwei von uns dort oben, das bedeutet auch numerische Stärke.“

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