Altered Images


Fünf Teenybopper aus Glasgow. Mit guter Laune sparen diese Schotten allerdings nicht.

Fünf Teenybopper aus Glasgow. Mit guter Laune sparen diese Schotten allerdings nicht. Um zunächst die „Facts“ abzufeiern: Altered Images kommen aus Glasgow, sind seit ’78 zusammen und bestehen aus Cläre, Jim, Johnny, Tich und Tony. Und sie sind alle mächtig stolz auf ihr Alter: im Schnitt unter 21! Und das Alierwichtigste: Altered Images sind eine moderne Teenyjbop-Band! Das Parkhotel in Bremen an einem strahlend schönen Aprilvormittag: Vier Images sonnen sich am Fenstersims ihrer Suite. Drei davon erinnern mich – wild durcheinander schnatternd – an Tick, Trick und Track und bestimmen schließlich ein geeignetes Podium für unser Interview: Die sonnenüberflutete Parkterrasse mit Blick auf den Entenweiher. Drei Images mogeln sich auf Zehenspitzen an einem Pulk sommersprossiger Autogrammjäger vorbei, die im Foyer in Stellung gegangen sind. Das vierte Image wird identifiziert und bekommt einen ganzen Berg von Poesiealben, Postem und Plattencovern aufgehalst. Es dauert eine geschlagene Viertelstunde, ehe der Mob von einer arg zerknautschten Cläre abläßt, aber die strahlt noch immer wie ein Honigkuchenpferd. Trotz Schreibkrampf. Jeder von denen fragt uns nach Lieblingsfarbe, Lieblingslied, Lieblings-was-weiß-ich …“ murrt Johnny McElhone, mit 18 Jahren das jüngste Image. “ Willst du etwa auch …?“ Aber ja! Unsere Leser interessiert doch brennend, was… eure lieblingslollies sind! J-fimbeer!’Pfefferminz! Waldmeister!“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. Und Cläre? Die starrt gedankenverloren den Enten nach, summt Nick Haircuts „Fantastic Day“, dreht sich urplötzlich um und halt mir triumphierend … einen riesengroßen Zitronenlutscher entgegen! Die zierliche Cläre ist im März 20 geworden, wirkt aber wesentlich jünger und droht jeden Augenblick vor Wonne zu zerspringen. Eine blitzeblank herausgeputzte Primaballerina, immer am Rande einer hochdramatischen Entdeckung, immer auf der Sonnenseite des Lebens, immer feixend und flirtend und dabei irritierend selbstsicher und sagenhaft kindlich. Cläre ist fraglos das glücklichste Mädchen der Welt. , … toplay a game with you/is all she really wants to do … (.See Those Eyes“). Altered Images treten am liebsten im Fernsehen auf. Images-Pop frei für euer Wohnzimmer, heute aus dem Bremer Musikladen mit „See Those Eyes“. Nach Joan Jetts anachronistischen Posen und Shakys aalglatter Posse eine Offenbarung, auch wenn die Fünf schon bessere Momente hatten. Cläre ist der Dreh- und Angelpunkt, sie spielt ihren Part mit der naiven Herzlichkeit einer Märchenprinzessin und dem unschuldigen Charme einer zwölfjährigen Sextanerin. Es fällt schwer, nicht mit ihr zu lachen meinetwegen auch über sie wenn sie im Zick-Zack-Kurs über die Bühne wieselt, Purzelbäume schlägt und vor lauter Aufregung vergißt, ihre Verse simultan zum Vollplayback zu mimen. Altered Images ’82, das ist ein ungezwungenes Wechselbad aus Hoffnung, Zuversicht und Lebendigkeit, meilenweit von dem zeremoniellen Rahmen eines ordinären „Rock-Gigs“ entfernt. Und auch von dem schmuddeligen Post-Punk-Grau-Schleier von ’78, einer Zeit, in der die Images wenig Freunde und noch weniger Auftrittsorte fanden. Zuerst wachte natürlich John Peel auf, der ihre Debüt-Single „Dead Pop Stars“ gehörig ankurbelte. Und später dann Siouxsie Sioux – und die allein stand am Anfang einer brandneuen Pop-Restauration. Die fünf Images waren damals über alle zehn Ohren in Siouxsie und ihre Banshees verknallt, oder präziser: Stellt Euch die Banshees von ‚Love In A Void“ vor, ersetzt Zynismus durch Neugier, Siouxsies Vexierbilder durch Cläres Luftschlösser – und wir landen im Herbst ’80, im Vorfeld von ‚Dead Pop Stars‘. Ich frage Cläre, nachdem sie sich endlich am Entenweiher sattgesehen hat, ob die alte Liebe nicht allmählich zu rosten beginnt. ,Aber nein. Wir sind immer noch die allergrößten Fans.“ Fein! Und wir sind jetzt endgültig auf einer Seite, und das entschädigt doch für so manches, denn Altered Images sind lausige Interviewpartner. “ Wir sind uns immer ein wenig uneins“, lächelt Cläre. .Uns fehlt einfach eine konkrete Botschaft …“ .Quatsch“, fährt Jim barsch dazwischen., Wir sagen, ähem … enjoy yourselves, ist das etwa nichts?“ Johnny: .Psst, die Leute sind so verflixt argwöhnisch, wenn’s ’nur’um Spaß an der Freude geht.“ Cläre: .Au weia, jetzt ist es raus: Wir fühlen uns pudelwohl!“ Nach einigem Tohuwabohu beschließen wir über den Ort zu reden, an dem sich die Images erstmals gemeinsam exponierten: Die Schule. Jim: “ Wir haben nämlich alle zusammen die Schulbank gedrückt…“. .Die Schule hat uns ganz schön was abverlangt“, erzählt Johnny., Wenn wir beispielsweise zu ’ner Peel-Session eingeladen wurden, sind wir nach Schulschluß nach London gefahren, gegen Mittemacht dort eingetroffen, haben die Chose durchgezogen und sind sofort zurückgebraust, um dann einigermaßen pünktlich wieder in Glasgow zu sein!“ Aoer bei soviel Streß dürfte ja wohl selbst Cläre das Lachen vergangen sein…? „Irrtum * meint Johnny hämisch. “ Cläre ist eine Frohnatur, rund um die Uhr…“ Ja, ja, happy, happy, happy …“ mault die leicht gekränkt. ,Hey Cläre, fang sofort wieder an zu lachen“, braust Jim theatralisch auf. .Wir haben bereits allen Ernstes darüber nachgedacht“, fahrt er zu mir gewandt fort, .ob wir einen Refund-Service für Fans einrichten sollen, die Cläre mit Trauermine erwischen.“ HAPPY BIRTHDAY, das erste Images-Album, erschien ein wenig zu früh – da sind sie sich ausn ahmsweise m al alle einig und verdeutlicht ihre Transformation, ihren Weg aus dem Zwielicht der (frühen) Banshees zu quietschfidelen Teen -Pop-Tausendsassas. Siouxie ist für Erwachsene und .Cläre“, sticheln drei Images, blieb auf der Entwicklungsstufe einer 12jährigen stehen“. Zum Glück, denn nur die könnte „I Could Be Happy“ oder „Happy Birthday“ so unbefangen herauskrakeelen. Cläre lebt für den Augenblick, und der Augenblick wiegt schwer. Der Augenblick, in dem sie über den azurblauen Himmel staunt und beschließt, einen Song darüber zu schreiben … .Ganz harmloses Zeug“, lacht sie scheu. .Girl meets Boy‘, na du weißt schon. Pop is forpleasure… und guck nicht so ernst…!“ Ulli Güldner