BEACHPEOPLE im Interview: „Manchmal sollte es unangenehm werden“

Malte Huck hörte 2020 als AnnenMayKantereit-Bassist auf & startete sein Soloprojekt. Wir trafen BEACHPEOPLE zum Gespräch.


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„My good friend died, your son was born.“ Diese Zeile hat es in sich. Malte Huck nuschelt sie fast im unprätentiösen Akustik-Song „You Must Be Out Of Your Mind“, der stilistisch zu den schlichtesten Stücken seines Debüts zählt. „Im Prinzip ist das gesamte Album von diesem Satz überschattet. Hintergrund dieser Zeile ist der Tod eines sehr guten Freundes. Ich wollte die Chance ergreifen, das in einem Song unterzubringen, der musikalisch sehr leicht ist. Diese Stelle taucht zudem mitten in der Strophe auf, nicht im Refrain.“ HAS-BEEN besitzt so einige Stolperfallen, auch in harmonisch anmutenden Liedern geht es um sensible Themen. Der Musiker aus Leipzig verhandelt etwa schädliche Gewohnheiten, aber auch seine Depression.

Die eigene Geschichte

Es hat gedauert, bis der 31-Jährige sich an seine eigene Geschichte heranwagte. Während die Texte seiner letzten EP (2023) noch vage anmuteten, streift er jetzt zum Beispiel im Lo-Fi-Piano-Pop „Stand-up Comedy“ offen das Thema Sucht. Das geschieht auch in humorvoller Form. „Ich möchte sogar, dass gewisse Elemente in meiner Musik lustig sind. Aber es soll nicht klamaukig werden. Es ist sehr schwer, beim Schreiben diese Balance zu finden. Deshalb trägt der Song auch diesen Titel: Stand-up ist eine Kunstform, die sehr unterschätzt wird.“ Huck nähert sich zudem seiner Kindheit an, singt auch über Reue und Fehler. Oft gewinnt man den Eindruck, als ob er in manchen­ Passagen liebevoll sein früheres Ich adressiert.

Trotz der Nahbarkeit sowie Anspielungen auf seine Helden Bob Dylan und Jeff Buckley ist HAS-BEEN kein puristisches Singer/Songwriter-Album. Huck hat zwar alle Lieder auf der Gitarre oder dem Klavier geschrieben. Aber man hört auch Samples, Noise, grobe Drums und abrupte Cuts aus der Produktion. „Es geht in den Texten teils um schlimme Erfahrungen, das sollte sich auch im Klang widerspiegeln. Manchmal sollte es unangenehm werden. Ich wollte, dass man Atmer und Knackser hört. Alles soll etwas unaufgeräumt wirken, aber in dieser Unordnung habe ich ganz viel kuratiert.“

„Vielleicht ist es ja auch wichtig, dass man eben traurig sein kann, wenn man traurig ist“

Am saubersten klingt der warme und melodische Folk-Pop-Song „Leaving The Band“, den man als melancholische Aufarbeitung der Zeit nach Hucks Austritt von AnnenMayKantereit lesen kann: Da verließ jemand eine große Band und singt nun über die eigene, kleine Welt. Aber der Text ist ambivalent. Es geht auch um Schwarze Künstler wie Drake und Kendrick Lamar, deren Biografien oder Aufstiegsgeschichten mit Hucks Lebensumständen nichts zu tun haben. „Ich kann meine eigene Geschichte im Kontext von sozialen Ungerechtigkeiten oder von Privilegien betrachten. Nur was mache ich in dem Moment, in dem es mir einfach schlecht geht? Vielleicht ist es ja auch wichtig, dass man eben traurig sein kann, wenn man traurig ist. Im Anschluss kann das ja reflektiert werden. Doch ich bin mir darüber bewusst, dass Kontextualisierung ein Privileg sein kann.“

Huck verarbeitet auf HAS-BEEN mit eigenbrötlerischen Sounds sowie introvertierten Texten seine Zwanziger. Und erblickt auch in die Zukunft: „I stopped to count the numbers and then I started to dream again“, lautet eine Zeile. „Ich träume davon, mich und meine Kunst nicht mehr daran zu messen, wie oft ein Song geklickt wird. Denn das entscheidet nicht darüber, ob der gut oder schlecht ist.“