Beste Kombi: So war es bei Fatoni, Juse Ju und Edgar Wasser in Berlin
Den langsam aufgebauten Hype um Fatoni, Juse Ju und Edgar Wasser als Einheit spürt man bei der explosiven Tour deutlich.

Keine 24 Stunden dauerte es, da waren die ersten angekündigten Shows ausverkauft – in Köln soll es sogar kaum eine Minute gedauert haben. Die überbordende Freude über die endlich eingetretene Vollzeit-Vereinigung von Fatoni, Juse Ju und Edgar Wasser bringen die Fans auch Wochen nach dem Kartenvorverkauf zum Konzert im Berliner Festsaal Kreuzberg mit. Schon beim Voract, DJ Jenny Sharp, wird mitgewippt, dabei spielt diese ganz andere Musik, gar keinen Deutschrap, sondern eher Grammy-Gewinnerin Doechii und Verwandtes aus der US-Szene. Doch der Fokus verschiebt sich rasch, erst in Form gerufener Namen, dann hin zu schallender Euphorie. „Edgar, Juse, Toni, beste Kombination“, tönt es von überall, als die drei Musiker zu „Beste Kombi“ vom im Mai erschienenen gemeinsamen Debüt BAWRS auf die Bühne stürmen.

Nie zuvor spielten die drei Szene-Lieblinge eine ganze Tour zusammen, und vor allem der in regelmäßigen Abständen komplett von der Bildfläche verschwindende Edgar Wasser wird gefeiert wie ein Superstar. Und ja, er ist es tatsächlich, die Doppelgänger mit völlig eigenem Aussehen, die er zu Promo-Terminen schickte, um nicht öffentlich sprechen zu müssen, sind zuhause geblieben. Alle drei Rapper tragen schwarze Adidas-Anzüge und alle sind sie voll auf Zack, nicht nur neue Songs, sondern auch das zu präsentieren, was Fans seit dem Einstand 2014 mit „Übertreib nicht deine Rolle“ immer wieder neue Triple-Arbeiten fordern ließ.
Offen linker Rap
Na gut, Wahlberliner Juse Ju rappt im Medley des Frühwerks seine Strophe aus „7Eleven“, obwohl das eigentlich erst für später in der Setlist steht. Doch das mag weniger einem Versehen als einfach der zeitgemäßen Anpassung der Songs geschuldet sein, die das Trio hier und da vornimmt: Stichwort „Und Kanye West singt jetzt: ‚Heil Hitler‘“. Der durch antisemitische und offen nationalsozialistische Parolen mittlerweile hoffentlich überall in Ungnade gefallene US-Rapper bleibt auch für die restliche Show Fill-in für allerlei Seitenhiebe, die in den Studioaufnahmen anderen Menschen zuteil werden – in „Realität“ ersetzt er beispielsweise Xavier Naidoo. Ebenso heißt es im gleichen Song statt „Elon Musk hatte Recht“ heute „Elon Musk ist rechts“.
Fatoni, Juse Ju und Edgar Wasser spielen mit Wokeness, mit Updates des Rap-Bilds. Studentenrap, wenn man so will, Absolventenrap, die nächste Stufe, bei der der Sachverhalt nicht nur betrachtet, sondern auch Konsequenzen daraus gezogen wurden. Offene Augen und Selbstreflexion führen zum Streichen einiger früher Songs aus der Setlist, zum Umformulieren einiger Zeilen und zum Gendern auf der Bühne. Nicht zuletzt ruft Fatoni zu „Modus“ außerdem einen FLINTA-only-Moshpit aus, dessen Auflösung er bereits vorab klar benennt und den er selbst erst betritt, als alle, denen ein gemischter Gruppentanz unangenehm sein könnte, Zeit hatten, sich zurückzuziehen – „Ich will nicht der einzige Creep sein“, sagt er.

Ein Sekt auf Fatoni, Juse Ju und Edgar Wasser
BAWRS selbst mag als Gesamtwerk weniger gewitzt daherkommen als ältere Songs, doch die Tour zum Album ist ein Glücksfall für die drei Musiker. Und am Ende sitzt im Publikum ja doch jedes Wort des neuen Albums, klingen die Adlibs aus hundert Kehlen durch den Raum, sodass im Festsaal wenig Stimmungsunterschiede zu den Trio-Klassikern zu erkennen sind. Diese geben sich eher zu erkennen, wann immer nur einer der drei auf der Bühne steht und seine Solo-Musik dazwischenschiebt. Bei Edgar Wasser, der am wenigsten melodische, aber auch rarste der drei, bleiben die mitwippenden Arme erhoben. Juse Jus „Lovesongs“ lädt zum Mitsingen ein, während „Das Ende des Zynismus“ trotz Wolf-Biermann-Klassiker-Sample eher Unverständnis hervorruft. Fatoni erzielt mit „Authentizität“ und „Alles zieht vorbei“ den ruhigsten Teil des Abends. Woran das liegen mag – sind doch genug Fans mit Fatoni-Shirts unterwegs –, ist schwer zu sagen. Vor allem, weil der Musiker am Ende von „Authentizität“ dann doch eine beeindruckende Lautstärkensteigerung hervorruft.
Im singfreudigen Publikum wohlgemerkt zuckt während der Show auffällig selten die Hand zum Handy. Mit Ausnahme des ersten Songs blickt man kaum in anderer Leute Displays. Die Energie von Fatoni, Juse Ju und Edgar Wasser macht es spürbarer, ihre kleinen Tänzchen mit Wasserflasche in der Hand, wann immer sie nicht der Fokus sind, ansteckender, den Jubel umso größer, wenn eines der vielen Handtücher ins Publikum fliegt. Und ja, für diese Stimmung dürfen die Drei sich auch mal ein bisschen selbst feiern. So kommt zum letzten Song „Crémant aus dem Senfglas“ der Sekt doch rechtmäßig in einem Sektglas.
Hier die Setlist:
1. Beste Kombi
2. Untergrund Kingz
3. Übertreib nicht deine Rolle
4. DA.YO.NE ~ / Inside Job / An der Uhr
5. Nein! Doch! Ohh!
6. Legit (nur Fatoni und Juse Ju)
7. 44 Bars (nur Edgar Wasser)
8. Weil das ja klar ist
9. HöHö (völlig am Boden)
10. Realität (nur Fatoni und Edgar Wasser)
11. Das Ende des Zynismus (nur Juse Ju)
12. Lovesongs (nur Juse Ju)
13. Geisterbahn / Pretty Girlz (nur Edgar Wasser)
14. Back in the days (nur Edgar Wasser)
15. Authentizität (nur Fatoni)
16. Alles zieht vorbei (nur Fatoni)
17. 100 Leute
18. BAWRS
19. 7Eleven
20. Kann nicht reden, ich esse
21. Homie du weißt
22. Berliner Partybullen
23. Modus
24. Crémant aus dem Senfglas