Betriebsfest in der Tundra: The Leningrad Cowboys go west


MÜNCHEN. Das finnische Zehner-Pack (bekannt aus An Kaurismäkis Kultfim „Leningrad Cowboys Go To America“) macht mit den ersten Takten klar, wo die Reise hinführt: Back to the USSR, zurück in ein musikalisches Umland, wo Elvis Presley auch in den Neunzigern den Inbegriff verruchter, progressiver Musik darzustellen scheint. Der Witz könnte funktionieren, es fragt sich nur. wie lange. Strenggenommen bewegt sich der Finnen-Frohsinn auf besserem Schülerband-Niveau, doch gelten in der ausverkauften Theaterfabrik ganz andere Maßstäbe: „Doesn’t make sense at all“ heißt ein Titel, der für die Band symptomatisch ist: Das Publikum amüsiert sich prächtig, der Witz funktioniert also tatsächlich.

Neben herzhaften Rock „n“ Roll-Standards bringen die Cowboys all die Nummern, die bei Betriebsfesten in der Tundra immer so gut ankommen: Die Wodka-Heiterkeil kennt keine Grenzen, Mütterchen Rußland knegt mit Kalinka-Klischees ihr Fett weg. So gut kann das nicht einmal Ivan Rebroff. Der Säbeltanz erschallt, dazwischen hagelt es derbe Anekdoten von Genosse Traktorist und heldenhaften Kosmonauten: „Twenty years on the moon, wilhoul food.“

Die Witz-gestähJte Tanzkapelle mit den aerodynamisch gestylten Tollen bietet auch was fürs Auge. Nicht nur die dämliche Choreographie wirkt erheiternd, sondern auch ein Outfit, das die Stray Cats wie ein Trio Glatzköpfiger aussehen läßt. Den Preis dafür zahlt das Finnenkollektiv offensichtlich mit Unmengen von Haarspray, Marke „Extra klebrig“. Hoffentlich FCKW-frei, sonst ist die Ozonschicht vollends im Eimer.

Trotz ökologischer Bedenken nähert sich die Stimmung dem Siedepunkt: Deutsches Liedgut („Fuchs du hast die Gans gestohlen …“) läßt das Auditorium jubeln, eine Elvis-Schnulze zu seifiger Heimorgelbegleitung sprengt die Grenzen des guten Geschmacks. Nach fünf Zugaben haben die selbsternannten „Helden der Sowjetunion“ den Zweistunden-Plan ruhmreich erfüllt.