Billy Corgan: Zwanengesang


The end is the beginning is the end. Ein Jahr nach dem letzten Konzert der Smashing Pumpkins testet Billy Corgan seine neue Band Zwan.

der 23. Mai 2000 war der Anfang vom Ende. In einem Interview mit dem kalifornischen Radiosender KROQ-FM bestätigte Billy Corgan die Spekulationen, dass die Smashing Pumpkins sich zum Jahresende auflösen würden. Mit der wunderlichen Begründung: „There’s nothing wrong inside the band, but the way the culture is and stuff, it’s hard to keep trying to fight the good fight against the Britneys.“ Mal abgesehen davon, dass der erste Teil der Erklärung bekanntermaßen eine glatte Lüge war – sollte wirklich der Frust darüber, den Kampf gegen die Britneys dieser Welt nicht gewinnen zu können, der Grund für das Ende von Chicagos erfolgreichster Band sein? Nachdem der Combo weder das Ableben von Tour-Keyboarder Jonathan Melvoin, weder diverse personelle Umbesetzungen noch das exorbitante Ego von Corgan über die Jahre etwas hatten anhaben können? Oder war es vielleicht doch eher die Tatsache, dass die Pumpkins künstlerisch stagnierten und die Verkaufszahlen ihrer Alben dramatisch in den Keller rutschten? Von „Mellon Collie And The Infinite Sadness“ gingen in den USA über vier Millionen Stück weg, vom Nachfolger „Adore“ nur mehr eine Million. „MACHINA: The Machines Of God“ fand gerade noch 500.000 Käufer, den Nachfolger „Machina II/The Friends And Enemies Of Modern Music“ wollte die Plattenfirma schon nicht mehr veröffentlichen. Das Album konnte man letztendlich für lau von der Homepage der Band herunterladen.

Was folgte, war eine wehleidige Abschiedstournee mit Melissa Auf Der Maur am Bass. Ihre Vorgängerin D’Arcy Wretzky war im Vorfeld von Corgan wegen angeblicher Drogenprobleme aus der Band gemobbt worden – im Gegensatz zu Schlagzeuger Jimmy Chamberlin, der trotz seines fatalen Hanges zu illegalen Narkotika nach zwischenzeitlicher Demission wieder angestellt wurde. Ihren Höhepunkt fand die „Sacred And Profane“-Tour in einer viereinhalbstündigen Farewell-Show im Metro in Chicago, die Corgan im Anschluss gewohnt larmoyant kommentierte: „So at the last chord, in the last fade of sound, a stillness came and a peace they had all waited for so long. One could dream that they would know what they would want now, and with good honour may our hero forge ahead.“ Seitdem sind noch zwei DVDs und ein Greatest-Hits-Album erschienen. Zumindest letzteres verkauft sich wohl ganz ordentlich.

Ein guter Moment also für Corgan, sich wieder ins Gespräch zu bringen. Erst waren es nur Gerüchte, dass Billy The King eine neue Band um sich schare, dann tauchte im Herbst letzten Jahres auf der Pumpkins-Homepage plötzlich ein Link zu den True Poets Of Zwan auf, die da Billy, Jimmy, Matt und Skullfisher hießen. Sollte sich Corgan wieder mit Chamberlain zusammengetan haben? Die Spekulationen in den relevanten Internetforen schössen ins Kraut. Versteckt sich hinter dem Pseudonym Skullfisher vielleicht D’Arcy? Oder doch Melissa Auf Der Maur? Aber die wurde zunehmend mit The Virgins in Verbindung gebracht, dem Allstar-Projekt um Ex-Pumpkins-Gitarrist James lha. Der will mit Corgan nichts mehr zu tun haben und ist nun lieber mit Ryan Adams und Evan Dando zugange.

Bei vier Konzerten Mitte November in Kalifornien, alle in kleinen Clubs wie dem Roxy in Los Angeles, lüftete Billy Corgan schließlich das Geheimnis um Zwan. Medienvertreter mussten leider draußen bleiben. „This show is a work in progress and is not for review. Thanks for your interest“, lautete die ebenso knappe wie eindeutige Antwort des Managements auf die Musikexpress-Anfrage nach einem Fotopass. Fanatische Pumpkins-Fans sorgten jedoch nicht nur dafür, dass die Konzerte innerhalb kürzester Zeit restlos ausverkauft waren, sondern auch für sachkundige Kommentare inklusive kompletter Setlist im Web. So habe Corgan einen sehr nervösen Eindruck gemacht, zwischen jedem Song relativ lang seine Gitarre gestimmt. Des Weiteren wurde kolportiert, er habe auch viel gelächelt. Wow. Die Ansagen, so die Augenzeugen weiter, beschränkten sich auf ein paar eingestreute „thank yous“. Was nicht groß verwundert, war der Mann mit der Glatze doch noch nie als begnadeter Entertainer verschrieen. Stilistisch seien die neuen Songs nicht sehr weit von frühen Pumpkins-Werken entfernt, „Chrysanthemum“ und „Sorrow“ zum Beispiel hätten dem Vernehmen nach auch auf „Gish“ sein können. Insgesamt präsentierten Zwan jeweils 14 Songs inklusive einer Coverversion der Beatles-Nummer „Don’t Let Me Down“. Pumpkins-Songs blieben, obwohl vom Publikum lautstark eingefordert, außen vor. Auch Hoffnungen auf ein Wiedersehen mit D’Arcy wurden enttäuscht. Zwar war Jimmy Chamberlain – wie erwartet – mit von der Partie, Skullfisher allerdings entpuppte sich als David Pajo, der schon mit Tortoise und Slint musizierte. Bassist Matt heißt mit Nachnamen Sweeney und spielte früher bei den Indierockem von Chavez.

Zurieit befinden sich Zwan im Studio, um ihr Debütalbum aufzunehmen. Bislang steht jedoch nicht fest, bei welcher Plattenfirma es erscheinen wird. Das Management verweist auf laufende Verhandlungen, bei Virgin, dem deutschen Vertriebspartner der Smashing Pumpkins, wartet man gespannt auf die Ergebnisse. Andreas Daermann, zuständiger Product Manager: „Ich denke mal, dass da im Moment ein Wettbieten zwischen den verschiedenen Labels stattfindet. Billig wird es bestimmt nicht.“ Mal schaun, ob er Recht behält.

www.zwanmusic.com